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Hammer-Urteil des EuGH zum Widerrufsrecht – mit dem „Widerrufs-Joker 2.0“ sind alle Verbraucherkredite & Leasingverträge seit 2010 noch heute widerrufbar!
Was versteht man unter Widerrufsrecht?
Den allermeisten Verbrauchern ist das Konzept des Widerrufs aus dem Onlinehandel bekannt. So können Bestellungen, z.B. bei Amazon, ohne Angabe von Gründen innerhalb von 14 Tagen zurückgegeben werden. Der Kunde schickt die Ware zurück, der Verkäufer erstattet das Geld.
Auch bei Kreditverträgen und Leasingverträgen, die ein Verbraucher mit einem Unternehmen schließt, sog. Verbraucherdarlehensvertrag nach § 491 BGB, steht dem Verbraucher aus § 495 Abs. 1 BGB ein Widerrufsrecht nach § 355 Abs. 1 BGB zu.
Demnach kann der Verbraucher einen abgeschlossenen Darlehensvertrag binnen 14 Tagen widerrufen.
Wann beginnt diese Widerrufsfrist zu laufen?
Die Widerrufsfrist beginnt nicht bereits ab Vertragsabschluss zu laufen. Vielmehr bestimmt § 356b Abs. 2 S. 1 BGB, dass die Widerrufsfrist erst dann zu laufen beginnt, wenn der Verbraucher alle Pflichtangaben erhalten hat.
Der Katalog, welche Pflichtangaben der Verbraucher bei Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrages erhalten muss, findet sich in Art. 247 § 6 bis § 13 des Einführungsgesetztes zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB). Art. 247 EGBGB wiederum setzt nur die Vorgaben der europäischen Richtlinie zu Verbraucherkreditverträgen 2008/48/EG um.
Welche Pflichtangaben müssen in meinem Verbraucherdarlehensvertrag enthalten sein? Was ist ein „Widerrufs-Joker“?
Die wichtigste Pflichtangabe ist der eindeutige Hinweis auf das Widerrufsrecht selbst, die sog. Widerrufsbelehrung bzw. Widerrufsinformationen, wie es nach neuem Recht heißt. Der Verbraucher muss klar und deutlich darauf hingewiesen werden, dass er den Darlehensvertrag innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen kann.
Zudem muss dem Verbraucher deutlich gemacht werden, dass diese zweiwöchige Frist erst dann zu laufen beginnt, wenn er alle sonstigen Pflichtangaben erhalten hat.
Zu den sonstigen Pflichtangaben zählen unter anderem die Überlassung eines Tilgungsplans, die Berechnung der Höhe einer Vorfälligkeitsentschädigung für den Fall, dass der Verbraucher den Kredit vor dem Ende der Laufzeit vollständig zurückzahlen will, die Auszahlungsbedingungen des Darlehens sowie das einzuhaltende Verfahren bei einer Kündigung des Kreditvertrages.
Fehlt eine solche Pflichtangabe oder ist sie falsch bzw. unvollständig, beginnt die 14-tätige Widerrufsfrist nicht zu laufen! Dies hat zur Folge, dass Verbraucher teilweise noch Jahre nach Abschluss eines Kredits oder Leasingvertrags ihren Vertrag widerrufen können. Diese Möglichkeit des Verbrauchers, grundlos und ohne Frist von einem „ewigen“ Widerrufsrecht Gebrauch zu machen, nennt man gemeinhin „Widerrufs-Joker“.
Was hat sich durch das EUGH-Urteil bezüglich des Widerrufs von Krediten oder Leasingverträgen geändert?
Auch bisher haben zahlreiche Verbraucher versucht, ihre Kredite und Leasingverträge zu widerrufen. Die Banken wiesen den Widerruf daraufhin meist unter Verweis auf einen Ablauf der 14-tägigen Widerrufsfrist zurück.
Der Verbraucher musste dann beweisen, dass in den Vertragsunterlagen entweder die Widerrufsbelehrung oder eine sonstige Pflichtangabe falsch war oder ganz fehlte.
Dies erwies sich meist als äußerst schwierig, da viele Banken eine Musterwiderrufsinformation für Verbraucherdarlehensverträge verwendeten. Diese Muster sind vom Gesetzgeber selbst erstellt und sollten für Gewissheit darüber sorgen, dass die dem Verbraucher erteilten Informationen vollständig und korrekt sind.
Bisher galt: Verwendete eine Bank die Musterwiderrufsinformation, bestand eine Gesetzlichkeitsfiktion, wonach die Rechtmäßigkeit der Widerrufsbelehrung angenommen wurde.
„Der Anfang der aktuellen Musterwiderrufsinformation, gültig ab dem 11. Juni 2010, lautete: Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
Wollte sich ein Verbraucher bisher selbst darüber informieren, wann die Widerrufsfrist zu laufen beginnt, fand er im genannten § 492 BGB einen Verweis auf Art. 247 § 6 bis § 13 EGBGB, der seinerseits teilweise auf das BGB verweist.
Diese Verweisungsketten stellen nach Ansicht des EuGHs eine sog. „Kaskadenverweisung“ dar. Und genau solche Kaskadenverweisungen sind jetzt vom EuGH für europarechtswidrig erklärt worden, da es einem „normalen“ Verbraucher als juristischem Laien nicht möglich sei, sich einfach, schnell und zuverlässig über den Beginn seiner Widerrufsfrist zu informieren.
Demnach genügte selbst die Musterwiderrufsinformation nicht den verbraucherschutzrechtlichen Anforderungen, mit der Folge, dass der Verbraucher nicht ausreichend über sein Widerrufsrecht informiert wurde und daher die 14-tägige Widerrufsfrist noch nicht angelaufen ist.
Somit sind annährend alle Verbraucherdarlehensverträge seit Juni 2010 auch heute noch widerrufbar.
Welche Verträge sind betroffen?
Wie dargestellt, sind grundsätzliche alle Verbraucherdarlehensverträge betroffen, also insbesondere Fahrzeugfinanzierungen oder Leasingverträge, Immobiliendarlehen, sowie alle sonstigen Verbraucherkredite, z.B. zur Finanzierung von Möbeln oder elektronischen Geräten (wie Fernseher, Laptop, Küchengeräte, Handys etc.).
Warum lohnt sich ein Widerruf des Verbraucherdarlehensvertrages?
Hat der Verbraucher wirksam den Widerruf erklärt, sind grundsätzlich alle gegenseitig empfangenen Leistungen zurückzugewähren.
Wurde demnach etwa ein finanzierter Autokauf widerrufen, muss der Verbraucher das Auto an die Bank zurückgeben, erhält aber alle gezahlten Raten und seine eventuell geleistete Anzahlung zurück. Ist das Fahrzeug noch nicht abbezahlt, hat die Bank keinen Anspruch mehr auf zukünftige Raten. Ggf. wird aber ein Nutzungsersatz für gefahrene Kilometer abgezogen.
Dies ermöglicht insbesondere auch Verbrauchern, die ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug finanziert haben, sich schnell und unkompliziert vom Vertrag zu lösen.
Auch im Bereich der Immobilienfinanzierungen bietet der Widerruf große Vorteile. Wurde das Immobiliendarlehen vor etlichen Jahren abgeschlossen, als noch deutlich höhere Zinssätze galten, so kann dieses Darlehen jetzt durch einen deutlich geringer verzinsten Kredit ersetzt werden. Die möglichen Einsparungen, gerade aufgrund der langen Laufzeiten bei Immobilienfinanzierungen, sind daher enorm.
Was Sie jetzt tun sollten – Unser Tipp zum „Widerrufs-Joker 2.0“!
Möchten auch Sie vom neuen Widerrufs-Joker 2.0 profitieren und sich von einem Verbraucherdarlehensvertrag lösen?
Beeilen Sie sich! Denn den Banken steht die Möglichkeit offen, Sie gemäß § 492 Abs. 6 BGB als Reaktion auf das Urteil des EuGH nachträglich, nunmehr ordnungsgemäß über Ihr Widerrufsrecht zu informieren – demnach würde die 14-tägige Widerrufsfrist ab Erhalt der Mitteilung zu laufen beginnen!
Vereinbaren Sie daher schnellstmöglich einen Termin mit uns! Nur nach genauer Durchsicht der Vertragsunterlagen lässt sich seriös bestimmen, ob Ihr Vertrag vom neuen Urteil des EuGHs betroffen ist. Ist dies der Fall, berechnen wir für Sie, ob Ihnen die Ausübung des Widerrufsrechts finanzielle Vorteile bringt und klären Sie über mögliche Risiken auf. Auf Ihren Wunsch hin, erklären wir den Widerruf in Ihrem Namen gegenüber der Bank, und setzen Ihren Anspruch, falls notwendig, auch gerichtlich für Sie durch.
Kontaktieren Sie noch heute die Kanzlei Limmer.Reutemann – Rechtsanwälte aus Augsburg und vereinbaren Sie einen Beratungstermin. Wir sind auch während der Corona-Krise für Sie da.
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