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Widerruf der Auto-Finanzierung
Bereits seit Jahren ist der Widerruf der Auto-Finanzierung in aller Munde und Gegenstand einer breiten öffentlichen Berichterstattung. Gefeiert wird der Widerruf der Autofinanzierung wahlweise als Ausweg aus der Dieselkriese, als „Widerrufsjoker“ oder gleich als einmalige Chance, das finanzierte Fahrzeug jahrelang gratis gefahren zu sein. Auch die Rechtsprechung hatte sich in den letzten Jahren intensiv mit dem Widerruf von Auto-Finanzierungen zu beschäftigen. Hierbei kam es in den letzten Jahren zu einem regelmäßigen Schlagabtausch zwischen dem Bundesgerichtshof (BGH) und dem Europäischen Gerichtshof (EuGH). Das vorerst letzte Wort hatte der EuGH durch sein Urteil in den verbundenen Rechtssachen C‑33/20, C‑155/20 und C‑187/20 vom 09. September 2021, wodurch die Rechte der Verbraucher erheblich gestärkt wurden. Trotzdem herrscht unter Verbrauchern große Unsicherheit bei Fragen rund um den Widerruf ihrer Kfz-Finanzierung. Kann der Auto-Kredit noch widerrufen werden? Wie sind die Erfolgsaussichten? Wie groß ist das Kostenrisiko? Und lohnt sich ein Widerruf der Auto-Finanzierung überhaupt?
In diesem Ratgeber beantworten wir Ihre dringlichsten Fragen zum Thema Widerruf der Auto-Finanzierung:
Was ist das Widerrufsrecht?
Den meisten Privatpersonen, sog. Verbraucher, dürfte das Widerrufsrecht insbesondere aus dem Onlinehandel bekannt sein. Der Kunde bestellt im Internet Ware und hat nach Erhalt der Sendung 14 Tage lang die Möglichkeit, sich ohne Angabe von Gründen vom Kaufvertrag zu lösen. Erklärt der Kunde den Widerruf, so ist die Bestellung lediglich an den Versandhändler zurückzusenden, dieser erstattet dann den Kaufpreis.
Allgemein gibt das Widerrufsrecht dem Verbraucher also eine „verlängerte Bedenkzeit“, ob er an dem bereits geschlossenen Vertrag festhalten möchte. Hintergrund des Widerrufsrechts im genannten Beispiel des Onlinekaufs ist die Überlegung, dass dem Kunden, anders als bei Käufen direkt im Ladengeschäft, die Möglichkeit fehlt, die gekaufte Ware zu prüfen und anzuprobieren. Damit der Kunde nicht virtuell die „Katze im Sack“ kauft, kann er binnen der vierzehntägigen Frist den Vertrag widerrufen.
Das Widerrufsrecht bei Auto-Finanzierungen
Ungleich komplizierter ist die Lage in Fällen der Auto-Finanzierung. Denn hier sind meistens drei Parteien beteiligt. Der Kunde, der Verkäufer des Fahrzeuges sowie die Bank, die dem Kunden das Darlehen zum Kauf des Autos gewährt. Die Bank zahlt das Darlehen in aller Regel an den Verkäufer aus, der dem Kunden anschließend das Fahrzeug übergibt. Der Kunde leistet dann die mit der Bank vertraglich vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen über die vereinbarte Laufzeit sowie eine evtl. Schlussrate, um das Darlehen zu bedienen.
Rechtlich betrachtet, liegt bei einer Auto-Finanzierung ein sog. „verbundenes Geschäft“ nach § 358 BGB vor. Der Verbraucher erhält von der Bank einen Kredit, der einzig dazu dient, das gewünschte Fahrzeug vom Händler zu kaufen. Für eine solche Kfz-Finanzierung, die juristisch Verbraucherdarlehensvertrag (§ 491 BGB) bezeichnet wird, besteht ein gesetzliches Widerrufsrecht nach §§ 495 Abs. 1, 355 BGB. Die Widerrufsfrist beträgt nach § 355 Abs. 2 BGB 14 Tage und beginnt frühestens mit dem Vertragsschluss zu laufen.
Frühestens deshalb, weil die Widerrufsfrist gemäß § 356 b Abs.1 BGB beginnt, wenn dem Kunden von der Bank eine Vertragsurkunde zur Verfügung gestellt wurde, die die notwendigen Pflichtangaben nach § 492 Abs. 2 BGB enthält. Für den Katalog der notwendigen Pflichtangaben verweist § 492 Abs. 2 BGB auf die Art. 247 §§ 6 – 13 EGBGB. Sämtliche der genannten Vorschriften dienen der Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG. Bei dieser Richtlinie handelt es sich um eine sog. „vollharmonisierende“ Richtlinie, weshalb die Regelungen zum Widerruf von Verbraucherkrediten in allen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) gleich ausgestaltet sein müssen. Deshalb ist der Europäische Gerichtshof (EuGH) die oberste Instanz für die Auslegung der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG.
Dem Verbraucher, der eine Auto-Finanzierung abschließt, steht nur ein Widerrufsrecht hinsichtlich dieses Kreditvertrages zu. Da der Darlehensvertrag und der Fahrzeugkaufvertrag aber „verbunden“ sind, ist der Kunde für den Fall, dass er den Darlehensvertrag wirksam widerruft, gemäß § 358 Abs. 2 BGB auch an den Kaufvertrag nicht mehr gebunden.
Wovon hängt der Beginn der Widerrufsfrist ab und was ist der „Widerrufsjoker“?
Aus den dargestellten Grundsätzen ergibt sich, dass die Bank den Verbraucher im Wesentlichen über zwei Komplexe ordnungsgemäß zu informieren hat:
Information über das Widerrufsrecht
Die Bank ist zunächst verpflichtet, den Kunden ordnungsgemäß über das Bestehen des Widerrufsrechts zu informieren. Sie hat den Kunden also darüber aufzuklären, dass und wie er die Auto-Finanzierung widerrufen kann. Diese Pflicht ergibt sich aus § 492 Abs. 2 BGB i.V.m. Art. 247 § 6 Abs. 2 Satz 1 und 2 EGBGB. Diese Information erteilt die Bank mittels einer „Widerrufsbelehrung“ bzw. „Widerrufsinformation“.
Das Problem: Bei sämtlichen Kreditinstituten herrschte große Unsicherheit, wie denn der Verbraucher tatsächlich ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht zu informieren ist. Denn Art. 10 der Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG schreibt lediglich vage vor, dass der Kunde „in klarer, prägnanter Form über das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts sowie die Frist und die anderen Modalitäten für die Ausübung des Widerrufsrechts zu informieren ist.“ Insbesondere die Begriffe „klar“ und „prägnant“ sind inhaltlich derart unscharf, dass wohl jeder Betrachter eine andere Sichtweise darauf hat, ob eine Information „klar“ und „prägnant“ ist.
Dieses Problem erkannte auch der deutsche Gesetzgeber und entschied sich daher, eine „Musterwiderrufsinformation“ in der Anlage 7 zu Art. 247 EGBGB zur Verfügung zu stellen und dieses Muster mit einer sog. „Gesetzlichkeitsfiktion“ auszustatten. Das bedeutet: Verwendet ein Kreditinstitut exakt dieses Muster, gilt der Kunde als ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt (Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB).
Dieses gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung begann bis zum 15. Juni 2021 mit der Passage:
„Der Darlehensnehmer kann seine Vertragserklärung innerhalb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen widerrufen. Die Frist beginnt nach Abschluss des Vertrags, aber erst, nachdem der Darlehensnehmer alle Pflichtangaben nach § 492 Absatz 2 BGB (z. B. Angabe zur Art des Darlehens, Angabe zum Nettodarlehensbetrag, Angabe zur Vertragslaufzeit) erhalten hat.“
Zahlreiche Verbraucherschutzanwälte aber auch bedeutende Teile der Rechtsprechung und Literatur hielten diese Muster-Widerrufsbelehrung weder für „klar“ noch „prägnant“. Denn wie oben bereits angedeutet, findet ein interessierter Verbraucher in § 492 Abs. 2 BGB eben nicht die zu erteilenden Pflichtangaben, sondern wird an dieser Stelle in eine andere Vorschrift in einem anderen Gesetzbuch verwiesen, nämlich in Art. 247 EGBGB. Dieser wiederum verweist an zahlreichen Stellen zurück in das BGB. Für den juristischen Laien erscheint es daher schlichtweg unmöglich, sich anhand der gesetzlichen Muster-Widerrufsinformation über sein Widerrufsrecht zu informieren.
Diese Auffassung teilte schlussendlich auch der EuGH in seiner vielbeachteten Entscheidung vom 26. März 2020, C-66/19. Der EuGH entschied unmissverständlich, dass die vom deutschen Gesetzgeber geschaffene Muster-Widerrufsinformation einen sog. „Kaskadenverweis“ enthalte, der den Verbraucher auf eine Reise durch eine Vielzahl nationaler Gesetze schicke. Hieraus ergab sich für den EuGH auch zwangsläufig, dass Verbraucher eben gerade nicht in „klarer und prägnanter“ Form über ihr Widerrufsrecht informiert wurden.
Die Folge: Da die Widerrufsfrist erst beginnt, wenn der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde, ist die Widerrufsfrist in allen Fällen, in denen die gesetzliche Muster-Widerrufsbelehrung verwendet wurde, noch nicht angelaufen. Diese EuGH-Entscheidung wurde als „Sensationsurteil“ gefeiert und in dessen Folge eine gigantische Welle an Auto-Finanzierungswiderrufen erwartet.
Doch der Bundesgerichtshof (BGH) schob der Begeisterung schnell einen Riegel vor. In zahlreichen Urteilen, so etwa vom 27. Oktober 2020, Az.: XI ZR 525/19, stellte der BGH klar, dass die Verbraucher durch die Verwendung der gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung zwar nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht informiert worden seien. Ein wirksamer Widerruf komme jedoch trotzdem nicht in Betracht, da die Kreditinstitute ja das vom deutschen Gesetzgeber vorgegebene Muster verwendet hätten, dem die Gesetzlichkeitsfiktion des Art. 247 § 6 Abs. 2 EGBGB zugute komme. Da die deutschen Gerichte vorrangig an deutsche Gesetze gebunden seien, komme eine Entscheidung gegen den eindeutigen Willen des deutschen Gesetzgebers nicht in Frage.
Diese Ansicht des BGH führt zu dem Paradoxon, dass der Kunde zwar nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert wurde, den Auto-Finanzierungsvertrag aber trotzdem nicht widerrufen kann!
Eine große Hintertür ließ der BGH jedoch trotzdem offen. Denn orientiert sich eine Bank lediglich an der gesetzlichen Muster-Widerrufsbelehrung, bearbeitet aber einige Passagen selbst, greift die dargestellte Gesetzlichkeitsfiktion nicht mehr. Denn die Bank hat sich bewusst für eine selbstständige Bearbeitung der Muster-Widerrufsinformation entschieden und ist daher nicht mehr schützenswert.
Verwendet die Bank die Musterwiderrufsinformation aus Anlage 7 zu Art. 246 EGBGB, wurde der Verbraucher ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht informiert. Dies hat zur Folge, dass ein Kfz-Darlehenswiderruf nicht mehr auf fehlerhafte Information über das Widerrufsrecht gestützt werden kann. Hat das Kreditinstitut hingegen das gesetzliche Muster bearbeitet, kann sich eine andere Sachlage ergeben.
Weitere Pflichtangaben
Unabhängig von der Frage nach der ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung selbst, hängt das Anlaufen der Widerrufsfrist auch davon ab, ob dem Kunden sämtliche Pflichtangaben ordnungsgemäß erteilt wurden. Der Katalog der Pflichtangaben ist schier endlos und kann Art. 247 EGBGB entnommen werden. Die neue Muster-Widerrufsbelehrung, die seit dem 15. Juni 2021 gilt, listet folgende Pflichtangaben auf:
1. den Namen und die Anschrift des Darlehensgebers und des Darlehensnehmers;
2. die Art des Darlehens;
3. den Nettodarlehensbetrag;
4. den effektiven Jahreszins;
5. den Gesamtbetrag;
6. den Sollzinssatz;
7. die Vertragslaufzeit;
8. den Betrag, die Zahl und die Fälligkeit der einzelnen Teilzahlungen;
9. die Auszahlungsbedingungen;
10. den Verzugszinssatz und die Art und Weise seiner etwaigen Anpassung sowie gegebenenfalls anfallende Verzugskosten;
11. einen Warnhinweis zu den Folgen ausbleibender Zahlungen;
12. das Bestehen oder Nichtbestehen eines Widerrufsrechts, die Frist und die anderen Umstände für die Erklärung des Widerrufs sowie einen Hinweis auf die Verpflichtung des Darlehensnehmers, ein bereits ausbezahltes Darlehen zurückzuzahlen und Zinsen zu vergüten; der pro Tag zu zahlende Zinsbetrag ist anzugeben;
13. das Recht des Darlehensnehmers, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen;
14. die für den Darlehensgeber zuständige Aufsichtsbehörde;
15. das einzuhaltende Verfahren bei der Kündigung des Vertrags;
16. den Hinweis, dass der Darlehensnehmer Zugang zu einem außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren hat, und die Voraussetzungen für diesen Zugang;
17. ist ein Zeitpunkt für die Rückzahlung des Darlehens bestimmt, einen Hinweis auf den Anspruch des Darlehensnehmers, während der Gesamtlaufzeit des Darlehens jederzeit kostenlos einen Tilgungsplan zu erhalten;
Verlangt der Darlehensnehmer einen Tilgungsplan, muss aus diesem hervorgehen, welche Zahlungen in welchen Zeitabständen zu leisten sind und welche Bedingungen für diese Zahlungen gelten. Dabei ist aufzuschlüsseln, in welcher Höhe die Teilzahlungen auf das Darlehen, die nach dem Sollzinssatz berechneten Zinsen und die sonstigen Kosten angerechnet werden. Ist der Sollzinssatz nicht gebunden oder können die sonstigen Kosten angepasst werden, so ist in dem Tilgungsplan in klarer und verständlicher Form anzugeben, dass die Daten des Tilgungsplans nur bis zur nächsten Anpassung des Sollzinssatzes oder der sonstigen Kosten gelten. Der Tilgungsplan ist dem Darlehensnehmer auf einem dauerhaften Datenträger zur Verfügung zu stellen.
18. einen Hinweis, dass der Darlehensnehmer Notarkosten zu tragen hat;
19. die vom Darlehensgeber verlangten Sicherheiten und Versicherungen, im Fall von entgeltlichen Finanzierungshilfen insbesondere einen Eigentumsvorbehalt;
20. die Berechnungsmethode des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung, soweit der Darlehensgeber beabsichtigt, diesen Anspruch geltend zu machen, falls der Darlehensnehmer das Darlehen vorzeitig zurückzahlt;
21. den Namen und die Anschrift des beteiligten Darlehensvermittlers;
22. im Zusammenhang mit dem Verbraucherdarlehensvertrag erhobene Kontoführungsgebühren sowie die Bedingungen, unter denen die Gebühren angepasst werden können, wenn der Darlehensgeber den Abschluss eines Kontoführungsvertrags verlangt, sowie alle sonstigen Kosten, insbesondere in Zusammenhang mit der Auszahlung oder der Verwendung eines Zahlungsinstruments, mit dem sowohl Zahlungsvorgänge als auch Abhebungen getätigt werden können, sowie die Bedingungen, unter denen die Kosten angepasst werden können;
23. soweit die vom Darlehensnehmer geleisteten Zahlungen nicht der unmittelbaren Darlehenstilgung dienen, eine Aufstellung der Zeiträume und Bedingungen für die Zahlung der Sollzinsen und der damit verbundenen wiederkehrenden und nicht wiederkehrenden Kosten im Darlehensvertrag;
24. soweit sich der Darlehensnehmer mit dem Abschluss eines Darlehensvertrags auch zur Vermögensbildung verpflichtet, einen Hinweis, dass weder die während der Vertragslaufzeit fälligen Zahlungsverpflichtungen noch die Ansprüche, die der Darlehensnehmer aus der Vermögensbildung erwirbt, die Tilgung des Darlehens gewährleisten, es sei denn, dies wird vertraglich vereinbart;
25. sämtliche weitere Vertragsbedingungen.
Beachte: Auch all diese Pflichtangaben sind dem Verbraucher in „klarer“ und „prägnanter“ Form zu erteilen.
Ähnlich wie bei der Frage, ob der Kunde „klar und prägnant“ über sein Widerrufsrecht informiert wurde, hat sich auch zu der Frage, ob die Bank alle Pflichtangaben „klar und prägnant“ erteilt hat, eine Vielzahl an gerichtlichen Streitigkeiten entsponnen. Bisher war weder geklärt, wann eine Pflichtangabe als ordnungsgemäß erteilt gilt, noch welche Rechtsfolgen sich ergeben, falls eine Pflichtangabe nicht ordnungsgemäß erteilt wurde.
Vorfälligkeitsentschädigung
Die Problematik kann gut am Beispiel der Vorfälligkeitsentschädigung veranschaulicht werden. Verlangt die Bank für den Fall, dass der Kunde das Darlehen frühzeitig zurückbezahlt, eine Vorfälligkeitsentschädigung, so ist dem Kunden die Berechnungsmethode für die Höhe des Anspruchs auf Vorfälligkeitsentschädigung gemäß Art. 247 § 7 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB mitzuteilen.
Einigkeit besteht hinsichtlich der Rechtsfolge, dass falls der Kunde über die Berechnungsmethode nicht ordnungsgemäß informiert wurde, dies zur Folge hat, dass die Bank ihren Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung nach § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB gänzlich verliert.
Heftig umstritten war jedoch, ob unklare Angaben der Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung auch Auswirkungen auf das Anlaufen der Widerrufsfrist entfalten.
Der BGH vertritt die Auffassung, dass fehlerhafte Angaben zur Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung lediglich den Anspruch auf eine Vorfälligkeitsentschädigung vereiteln, ohne jedoch das Anlaufen der 14-tägigen Widerrufsfrist zu berühren (BGH, Urteil vom 28. Juli 2020, Az.: XI ZR 288/19).
Der EuGH vertritt in seiner jüngsten Entscheidung vom 09. September 2021, Az.: C‑33/20, C‑155/20 und C‑187/20, jedoch die verbraucherfreundlichere Auffassung: Demnach beginnt die Widerrufsfrist erst dann, wenn dem Verbraucher die Berechnungsmethode „in einer konkreten leicht nachvollziehbaren Weise“ mitgeteilt wurde!
In eben jener richtungsweisenden Entscheidung stellte der EuGH zusätzlich auch klar, wie bestimmte weitere Pflichtangaben zu erteilen sind.
Verbundene Verträge
Wie bereits in diesem Beitrag ausgeführt, liegt bei Auto-Finanzierungen ein sog. „verbundener Vertrag“ vor. Gemäß Ziff. 2 der oben abgedruckten Pflichtangaben muss die Bank den Kunden auf diese Tatsache explizit hinweisen, da sie über die Art des Darlehens informieren muss.
Bisher verwendeten die meisten Banken bei Kfz-Finanzierungen Bezeichnungen wie „Verbraucherdarlehen als Ratenkredit mit annuitätischer Tilgung“ oder ähnlich lautende Umschreibungen.
Unzureichend beschied der EuGH! Dem Verbraucher muss eindeutig mitgeteilt werden, dass es sich um einen verbundenen Vertrag handelt. Andernfalls hat die Bank die erforderliche Pflichtangabe nicht ordnungsgemäß erteilt. Dies hat zur Folge, dass die 14-tägige Widerrufsfrist nicht zu laufen beginnt.
Sonstige Pflichtangaben
Der EuGH stellt weiterhin klar, dass dem Verbraucher der bei Vertragsschluss geltende Verzugszinssatz in Form eines konkreten Prozentsatzes mitzuteilen ist. Sofern die Parteien des betreffenden Auto-Kreditvertrags vereinbart haben, dass der Verzugszinssatz von dem von der Deutschen Zentralbank festgelegten Basiszinssatz abhängig ist, reicht ein Verweis im Kreditvertrag auf diesen Basiszinssatz aus. Erforderlich ist dann, dass die Methode zur Berechnung des Satzes der Verzugszinsen nach Maßgabe des Basiszinssatzes in diesem Vertrag beschrieben wird.
Ebenfalls verlangt der EuGH, dass der Verbraucher im jeweiligen Kreditvertrag über die ihm zur Verfügung stehenden außergerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten umfassend informiert wird. Der in vielen Auto-Finanzierungsverträgen enthaltene Hinweis auf die Möglichkeit, die jeweils geltende Verfahrensordnung im Internet abzurufen, reicht hierfür nicht aus.
Mit der neuen Entscheidung vom 09. September 2021 stellt der EuGH eindeutig klar, dass eine unzureichende Erteilung von Pflichtangaben dazu führt, dass die Widerrufsfrist für die Verbraucher nicht zu laufen beginnt. Dies hat zur Folge, dass auch bereits vor Jahren abgeschlossene Kfz-Finanzierungen noch widerrufbar sind – ohne Angabe von Gründen. Dieses „ewige Widerrufsrecht“ wird gemeinhin als „Widerrufsjoker“ bezeichnet.
Ist Ihre Auto-Finanzierung noch widerrufbar?
Grundsätzlich gilt nach neuester Rechtsprechung des EuGH, dass auch „Altverträge“ heute noch widerrufbar sind, sofern die Widerrufsbelehrung bzw. die erforderlichen Pflichtangaben von Ihrer Bank nicht ordnungsgemäß erteilt wurden.
Aufgrund der Komplexität der Rechtslage ist aber eine genaue Überprüfung Ihrer Vertragsunterlagen erforderlich. Diese führen wir gerne kostenlos für Sie durch. Kontaktieren Sie uns noch heute!
Welche Autobanken sind betroffen?
Annähernd alle Auto-Finanzierungsverträge sind widerrufbar. Denn kaum ein Kreditvertrag entspricht den vom EuGH im September 2021 aufgestellten Anforderungen. So sind Verträge der großen Auto-Banken, wie der Mercedes-Benz-Bank, Audi-Bank, BMW-Bank, Opel-Bank, VW-Bank, Toyota-Bank oder Porsche-Bank, betroffen, aber auch solche von externen Finanzieren wie der Santander-Bank.
Welche Rechtsfolgen hat der Widerruf der Auto-Finanzierung?
Ist der Widerruf wirksam erfolgt, wandelt sich der Verbraucherdarlehensvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis nach §§ 355 Abs. 3, 357 a BGB um. Hierbei werden grundsätzlich alle gegenseitig erbrachten Leistungen „rückgängig gemacht“.
Dementsprechend ist der Kunde verpflichtet, das finanzierte Fahrzeug zurückzugeben. Die Bank hingegen hat sämtliche geleisteten Zahlungen, etwa die Anzahlung oder die Darlehensraten, an den Kunden zurückzuerstatten. Aber Achtung: Der Bank steht darüber hinaus ein Anspruch auf Wertersatz für die Wertminderung des Fahrzeuges zu.
Lohnt sich ein Widerruf der Auto-Finanzierung?
Hier muss ehrlicherweise mit einem „Kommt darauf an“ geantwortet werden.
Gerade im Internet verbreitete Versprechen, wonach Autofahren zum „Nulltarif“ oder „umsonst“ pauschal möglich sei, sind in Anbetracht der jüngsten Rechtsprechung des BGH unhaltbar!
Verbraucher schuldet Wertersatz…
Hintergrund ist die Tatsache, dass nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung aus §§ 358 Abs. 4, 357 Abs. 7 BGB Wertersatz für die Wertminderung des Fahrzeuges im Gebrauchszeitraum geleistet werden muss (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020, Az.: XI ZR 525/19). Jedoch gilt: Auf die Wertersatzpflicht für die Wertminderung des Fahrzeuges muss die Bank ausdrücklich hinweisen! Fehlt dieser Hinweis, steht der Bank auch kein Anspruch auf Wertersatz zu.
Die Höhe des Wertersatzes ist nach der Entscheidung des BGH nach der sog. „Vergleichswertmethode“ zu bestimmen. Danach hat der Kunde die Differenz zwischen dem Verkehrswert des finanzierten Fahrzeugs bei Abschluss des Darlehensvertrags und dem Verkehrswert des Fahrzeugs bei dessen Rückgabe an den Darlehensgeber zu ersetzen.
Ausgangspunkt ist stets der objektive Wert des Fahrzeuges bei Abschluss des Darlehensvertrages. Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der mit dem Verkäufer vereinbarte Kaufpreis immer einen Gewinnanteil für das Autohaus enthält, eine sog. „Händlermarge“. Dieser Gewinnanteil ist jedoch im Rahmen der Rückabwicklung beim Widerruf der Kfz-Finanzierung abzuziehen (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2021, Az.: 9 U 107/19).
Der objektive Wert des Fahrzeugs bei Vertragsschluss ergibt sich demnach aus:
(Kaufpreis bei Vertragsschluss minus Händlermarge) = Objektiver Wert bei Vertragsschluss
Die Händlermarge liegt gewöhnlich im Bereich zwischen 8% und 20%. Eine genaue Bestimmung ist nur schwer möglich, weshalb Gerichte die Marge meist schätzen. Als Richtwert für finanzierte Neuwägen kann von einer gerichtlichen anerkannten Marge von mindestens 10% ausgegangen werden (OLG Düsseldorf, Urteil vom 22. März 2021, Az.: 9 U 107/19).
Der objektive Wert des Fahrzeugs bei Rückgabe (sog. Restwert) ist ebenfalls nur schwer präzise zu ermitteln. Im Zweifel wird das Gericht auch hier eine Schätzung vornehmen. Wichtige Anhaltspunkte sind jedoch etwa Fahrzeugbewertungen aus der Schwacke-Liste, der BAT-Liste oder Daten aus dem allgemeinen Gebrauchtwagenmarkt.
Beachte: Maßgeblich ist der objektive Restwert des Fahrzeugs bei Rückgabe an die Bank.
… aber keine Zinsen
Ein für den Verbraucher weiterer wichtiger Punkt ist die Frage, ob er der Bank für den Zeitraum zwischen dem Abschluss der Auto-Finanzierung und der Erklärung des Widerrufs den vereinbarten Sollzins schuldet. Dies könnte angenommen werden, da in den meisten Widerrufsbelehrungen der Autobanken folgender Passus zu finden ist:
„Für den Zeitraum zwischen Auszahlung und Rückzahlung ist bei vollständiger Inanspruchnahme des Darlehens pro Tag ein Zinsbetrag in Höhe von XX EUR zu zahlen“.
Ein Zinsanspruch des Verbrauchers für die Nutzung des Darlehens besteht jedoch nicht! Zwar verweist § 358 Abs. 4 BGB für die Rechtsfolgen des Widerrufs im Verbund unter anderem auf § 357a BGB und damit auf § 357a Abs. 3 BGB. Dieser sieht eine Zinszahlungspflicht für den Fall des Widerrufs von verbundenen Verträgen aber gar nicht vor (BGH, Urteil vom 18. Januar 2011, Az.: XI ZR 356/09).
Berechnungsbeispiel
Der Kunde K erwarb im Oktober 2019 ein Neufahrzeug zu einem Preis von 33.000 EUR. K leistete eine Anzahlung in Höhe von 15.000 EUR und nahm für die restliche Summe bei der Autobank ein Darlehen in Höhe von 15.000 EUR auf. Im April 2021 erklärte K den Widerruf seiner Kfz-Finanzierung. Das Fahrzeug gab er seiner Bank im Juli 2021 zurück.
Objektiver Wert des Fahrzeugs bei Vertragsschluss:
33.000 EUR (Kaufpreis) minus Händlermarge in Höhe von 10% = 29.700 EUR
Objektiver Wert des Fahrzeuges bei Rückgabe gem. Schwacke-Liste: 22.500 EUR
29.700 EUR (objektiver Wert bei Vertragsschluss) minus 22.500 EUR (objektiver Wert bei Rückgabe) = Wertersatz: 7.200 EUR
Im vorliegenden Beispiel kann K demnach sowohl seine Anzahlung in Höhe von 15.000 EUR zurückverlangen als auch alle von ihm bezahlten Darlehensraten, jedoch abzüglich des Wertersatzes in Höhe von 7.200 EUR.
Die Lukrativität des Widerrufs der Auto-Finanzierung hängt daher auch maßgeblich davon ab, wie lange das Fahrzeug genutzt wurde und wie wertstabil das jeweilige Fahrzeug ist!
In bestimmten Fällen ist der Widerruf der Auto-Finanzierung jedoch stets anzuraten.
Hat der Kunde nämlich eine langfristige Finanzierung abgeschlossen, stellt aber bald fest, dass er mit dem Fahrzeug unzufrieden ist oder sich die Kreditraten nicht mehr leisten kann, bietet der Widerruf einen schnellen Ausweg! Gleiches gilt für Kunden, die ein vom Dieselskandal betroffenes Fahrzeug finanziert haben, aber die gesetzliche Verjährungsfrist zur gerichtlichen Durchsetzung ihrer Ansprüche gegen den Hersteller verpasst haben.
Ob sich ein Widerruf der Kfz-Finanzierung finanziell lohnt, ist grundsätzlich im Einzelfall zu ermitteln. Umso länger das Fahrzeug genutzt wurde, umso einen höheren Betrag kann die Autobank in aller Regel als Wertersatz einbehalten. Für Kunden, die mit einem finanzierten Fahrzeug unzufrieden sind oder sich die Kreditraten plötzlich nicht mehr leisten können, bietet der Widerruf aber einen schnellen Ausweg.
Sind auch Leasingverträge widerrufbar?
Diese Frage stellen sich viele Leasingkunden, da ihnen bei Abschluss des Leasingvertrags auch stets eine Widerrufsinformation ausgehändigt wird. Der Schluss liegt daher für den Kunden nahe, auch von einem Widerrufsrecht bei Leasingverträgen auszugehen. Diese pauschale Annahme ist jedoch falsch.
Ob ein Leasingvertrag tatsächlich widerrufbar ist, hängt maßgeblich von der Art des Leasingvertrags ab.
Kilometerleasingverträge
Das wohl verbreitetste Leasingmodell in Deutschland ist das sog. Kilometerleasing. Hierbei wird bei Vertragsschluss mit dem Kunden eine Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs für die Dauer des Leasingvertrags vereinbart. Anhand dieser geplanten Nutzung des Fahrzeuges bemisst sich, natürlich neben dem eigentlichen Neupreis des Fahrzeugs, die monatliche Leasingrate.
Das Kilometerleasing bietet sowohl dem Kunden als auch der Bank erhebliche Vorteile, da die beabsichtigte Abnutzung des Fahrzeugs von den monatlichen Raten bereits umfasst ist. Die Kosten sind daher gut kalkulierbar.
Der Nachteil: Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH steht dem Kunden bei Kilometerleasingverträgen kein Widerrufsrecht zu. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass die Bank dem Kunden eine Widerrufsinformation aushändigt (BGH, Urteil vom 24. Februar 2021, Az.: VIII ZR 36/20).
Restwertleasingverträge
Das zweithäufigste, in Deutschland dennoch selten verbreitete, Leasingmodell ist das sog. Restwertleasing. Im Gegensatz zum Kilometerleasing wird hier keine konkrete Laufleistung vereinbart, sondern lediglich bei Vertragsschluss geschätzt, welchen Wert das Fahrzeug bei Ende der Leasingdauer noch haben wird. Bei Rückgabe des Fahrzeugs ermittelt ein Gutachter dann den aktuellen Restwert des Fahrzeuges. Die Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Restwert und dem tatsächlichen Restwert hat der Kunde zu bezahlen. Hier können dem Verbraucher bei Rückgabe des Fahrzeugs noch erhebliche Kosten entstehen.
Der Vorteil: Nach der Rechtsprechung des BGH steht dem Kunden bei Restwertleasingverträgen ein Widerrufsrecht zu, da er eine Einstandspflicht für den Wert des Fahrzeuges bei Rückgabe übernommen hat (BGH, Urteil vom 24. Februar 2021, Az.: VIII ZR 36/20).
Auf was ist beim Widerruf der Auto-Finanzierung zu achten?
Grundsätzlich kann jeder Verbraucher seine Kfz-Finanzierung selbst widerrufen. Hierzu ist ein formloses Schreiben an die Bank ausreichend, in dem unter Angabe des Namens, der Anschrift, ggf. der Kundennummer und der Vertragsnummer der Widerruf des jeweiligen Darlehensvertrags erklärt wird. Gründe für den Widerruf brauchen nicht angegeben werden!
Jedoch steckt auch hier der Teufel im Detail! Denn der Kunde begehrt die Rückerstattung all seiner geleisteten Zahlungen, muss aber im Gegenzug das finanzierte Fahrzeug an die Bank zurückgeben. Für den Verbraucher stellt sich daher die Frage: Muss zuerst das Fahrzeug zurückgegeben werden oder muss die Bank mit der Rückzahlung der Raten und einer etwaigen Anzahlung in Vorleistung gehen?
Auch zu dieser Frage hat der BGH entschieden: Der Kunde ist nach §§ 358 Abs. 4, 357 Abs. 4 BGB im Hinblick auf die Rückgabe des finanzierten Fahrzeugs vorleistungspflichtig (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020, Az.: XI ZR 525/19).
Zu häufigen Fehlern im Rahmen der Fahrzeugrückgabe kommt es auch deshalb, weil Kunden die Bank auffordern, das Fahrzeug abzuholen. Ein solches Angebot ist unzureichend, wie der BGH jüngst erneut entschied. Der Verbraucher muss das Fahrzeug entweder zur Bank befördern oder ihr schriftlich ausdrücklich anbieten, das Fahrzeug an einem von der Bank zu benennendem Ort an einem bestimmten Datum abzuliefern (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020, Az.: XI ZR 525/19).
Beachten Sie: Ohne ein solch ausdrückliches Rückgabe- oder Rückbeförderungsangebot genügt der Verbraucher seiner Vorleistungspflicht nicht. In der Folge können die Rückzahlungsansprüche gegen die Bank unter Umständen noch nicht geltend gemacht werden! Lassen Sie sich daher unbedingt im Vorfeld anwaltlich beraten, wenn Sie den Widerruf Ihrer Kfz-Finanzierung planen!
Wie reagieren die Banken auf einen Kreditwiderruf?
Unserer Erfahrung nach weisen annährend alle Autobanken den Widerruf des Kunden mit der Begründung zurück, dass die Widerrufsfrist von 14 Tagen bereits abgelaufen und ein Darlehenswiderruf deshalb nicht mehr möglich sei. Die Rücknahme des Fahrzeuges gegen Rückerstattung aller vom Kunden geleisteten Zahlungen wird somit auch abgelehnt. Ab diesem Punkt ist die Beauftragung eines Anwalts unerlässlich!
Der von Ihnen beauftragte Anwalt wird die Bank nochmals außergerichtlich anschreiben, ihr unter Fristsetzung die Rückgabe des Fahrzeugs anbieten und sie zur Rückerstattung aller vom Kunden geleisteten Zahlungen abzüglich des Nutzungsersatzs auffordern. Aber auch das außergerichtliche Anwaltsschreiben wird von den meisten Autobanken mit obiger Begründung zurückgewiesen. Dann ist die Einreichung einer Klage zur Durchsetzung des Widerrufs unvermeidlich.
Wie sind die Erfolgsaussichten einer Klage?
Gerade durch das jüngste Urteil des EuGH vom 09. September 2021 haben sich die Erfolgsaussichten für die Verbraucher dramatisch verbessert. Zu einem Selbstläufer wird das gerichtliche Verfahren dennoch nicht. Denn insbesondere zwei von den Autobanken in den meisten Widerrufsverfahren herangezogene Argumente müssen im Verfahren entkräftet werden: Die sog. Verwirkung des Widerrufsrechts und die rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerrufsrechts.
Was versteht man unter Verwirkung des Widerrufsrechts?
Die „Verwirkung“ ist ein Rechtsbegriff der aus dem in § 242 BGB festgelegten Grundsatz von Treu und Glauben abgeleitet wird. Demnach ist ein Recht verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dass dieser sein ihm eigentlich zustehendes Recht nicht mehr geltend machen wird (BGH, Urteil vom 18. Februar 2020, Az.: XI ZR 25/19).
Auf den Widerruf übertragen bedeutet dies, dass das Widerrufsrecht verwirkt sein könnte, wenn die Bank aufgrund der bereits langen Laufzeit des Darlehens davon ausging und ausgehen durfte, dass der Verbraucher die Kfz-Finanzierung nicht mehr widerrufen werde.
Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 09. September 2021, Az.: C‑33/20, C‑155/20, C‑187/20, jedoch ausdrücklich, dass es der Bank verwehrt ist, sich gegen den Widerruf des Auto-Kredits auf den Einwand der Verwirkung zu berufen.
Auch die deutsche Rechtsprechung nimmt eine Verwirkung in Fällen des Widerrufs der Kfz-Finanzierung regelmäßig nicht an. Hintergrund ist der Umstand, dass für eine Verwirkung sowohl ein Zeit- als auch ein Umstandsmoment erforderlich ist. Demnach kann das Widerrufsrecht nicht dadurch verwirkt werden, dass sich der Kunde mehrere Jahre vertragstreu verhalten hat. Erforderlich wäre vielmehr, dass der Kunde sich ausdrücklich oder durch schlüssiges Handeln derart verhalten hat, dass die Bank davon ausgehen konnte, dass kein Widerruf mehr erfolgt. In annährend allen Fällen hat der Kunde mit der Bank über die bloße Ratenzahlung hinaus keinen Kontakt, weshalb eine Verwirkung nicht in Betracht kommt.
Rechtsmissbräuchliche Ausübung des Widerrufsrechts
Das erwähnte, in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung und soll den Rechtsverkehr vor rechtsmissbräuchlicher Ausübung formal bestehender Rechte schützen. Die Autobanken werfen dem Kunden daher oftmals vor, sein Widerrufsrecht missbräuchlich einzusetzen. Denn eigentlich sei dem Kunden klar, dass das Widerrufsrecht nur kurzfristig bestehe (14 Tage) und nicht dazu dienen solle, sich auch noch Jahre nach Vertragsschluss von der Kfz-Finanzierung zu lösen und alle Zahlungen zurückzuerhalten.
Der EuGH entschied in seinem Urteil vom 09. September 2021, Az.: C‑33/20, C‑155/20, C‑187/20 jedoch ausdrücklich, dass es der Bank verwehrt ist, sich gegenüber der Ausübung des Widerrufsrechts durch den Verbraucher auf eine rechtmissbräuchliche Rechtsausübung zu berufen.
Jedoch ist hier Vorsicht geboten: Noch ist nicht klar, ob die Ansicht des EuGH von deutschen Gerichten so übernommen wird. Denn der BGH entschied bereits, dass der Rechtsmissbrauchseinwand nach rein nationalem deutschen Recht zu beantworten sei (BGH, Urteil vom 27. Oktober 2020, Az.: XI ZR 525/19).
Um als Verbraucher auf der sicheren Seite zu stehen, sollten Sie den Rechtsmissbrauchseinwand von vorneherein entkräften. Dies gelingt am besten, indem Sie der Bank einen angemessenen Nutzungsersatz anbieten. Denn gerade in Fällen, in denen Verbraucher ihre Kfz-Finanzierung mehrere Jahre nach Vertragsschluss widerrufen und ohne Anrechnung eines Nutzungsersatzes ihre gesamten Zahlungen rückerstattet erhalten wollen, drängt sich schnell der Verdacht auf, mit dem Widerruf lediglich „Kasse machen zu wollen“. So führte der BGH in seinem Urteil vom 27. Oktober, Az.: XI ZR 525/19 aus:
„Des Weiteren kann erwogen werden, dass er das Widerrufsrecht ausgeübt hat, um das Fahrzeug nach längerer bestimmungsgemäßer Nutzung zurückgeben zu können, ohne auch – was er zu Unrecht meint – zum Wertersatz verpflichtet zu sein.“
Die Verwirkung des Widerrufsrechts kommt in aller Regel nicht in Betracht, jedoch besteht hinsichtlich des Rechtsmissbrauchseinwands noch eine unklare Rechtslage. Will der Verbraucher auf Nummer sicher gehen, sollte er bei seinen Forderungen einen angemessenen Wertersatzanspruch der Bank berücksichtigen.
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Diese Frage kann leider nicht pauschal beantwortet werden. Bei einer Abrechnung der Anwaltsgebühren nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) richten sich die Anwaltskosten nach der Höhe des Streitwerts. Es gilt die Faustformel: Je höher der Streitwert desto höher die Anwaltsgebühren.
Abweichend von der Vergütung nach RVG steht es dem Rechtsanwalt auch frei, mit dem Mandanten eine individuelle Vergütungsvereinbarung zu treffen, bspw. ein Stundenhonorar.
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