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Höheres Bußgeld statt Fahrverbot?! Das müssen Betroffene beachten!

Egal ob eine rote Ampel übersehen, der vorgeschriebene Abstand nicht eingehalten oder die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten wurde, dem Fahrer droht in diesen Fällen häufig nicht nur ein hohes Bußgeld, sondern für viele Berufstätige zudem der Super-Gau: ein Fahrverbot. Vielen Betroffenen wird dann schnell klar, dass der (berufliche) Alltag ohne Führerschein nur schwer zu meistern ist. Teilweise ist sogar die berufliche Existenz bedroht, weil ein Berufskraftfahrer ohne Führerschein gar nicht mehr arbeiten kann. Daher stellen sich viele Betroffene die Frage, ob das Fahrverbot durch ein höheres Bußgeld umgangen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
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    Was ist ein Fahrverbot?

    Grundsätzlich gibt es zwei mögliche auf den Führerschein gerichtete Sanktionen: Das Fahrverbot und den Entzug der Fahrerlaubnis.
    Während beim Entzug der Fahrerlaubnis der Führerschein zunächst auf unbeschränkte Zeit „verloren geht“, ist das Fahrverbot die mildere der beiden Maßnahmen und kann maximal sechs Monate betragen. [Lesen Sie hier weiter]

    Was ist die Rechtsgrundlage für ein Fahrverbot?

    Das Fahrverbot aufgrund einer Ordnungswidrigkeit ist in § 25 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) geregelt. Demnach kann Betroffenen aufgrund einer Ordnungswidrigkeit, z.B. wegen zu schnellen Fahrens oder bei Abstandsverstößen, für maximal drei Monate ein Fahrverbot auferlegt werden. § 25 Abs. 1 StVG ist auch einschlägig bei einer Missachtung der 0,5-Promillegrenze (§ 24 a StVG).
    Neben dem Fahrverbot aufgrund von Ordnungswidrigkeiten gibt es daneben das gerichtlich angeordnete Fahrverbot als Nebenstrafe in einem Strafverfahren. Hier kann gegen den Betroffenen (§ 44 Abs. 1 StGB) neben einer Geld- oder Freiheitsstrafe (z.B. wegen Trunkenheit im Verkehr) ein Fahrverbot von bis zu sechs Monaten ausgesprochen werden.

    Wann muss man das Fahrverbot antreten?

    Ein Fahrverbot aufgrund einer Ordnungswidrigkeit wird grundsätzlich mit Rechtskraft des jeweiligen Bescheids wirksam (§ 25 Abs. 2 StVG). Demnach wäre der Führerschein nach Ablauf der Einspruchsfrist oder nach einem erfolglosen Einspruch sofort abzugeben.
    Für Betroffene, die bisher noch nicht auffällig geworden sind und gegen die in den letzten zwei Jahren kein weiteres Fahrverbot verhängt wurde, besteht die sog. 4-Monats-Frist (§ 25 Abs. 2a StVG). Betroffene haben dann vier Monate Zeit, das Verbot anzutreten.
    Bei einem Fahrverbot aus einem Strafverfahren nach § 44 Abs. 1 StGB wird das Verbot grundsätzlich mit Rechtskraft wirksam. Aus § 44 Abs. 2 StGB ergibt sich aber die Praxis, dass Betroffene in der Regel einen Monat Zeit haben, das Verbot anzutreten.

    Höheres Bußgeld statt Fahrverbot bei unzumutbarer Härte

    Im bestimmten Fällen gibt es die Möglichkeit, gegen Zahlung eines höheren Bußgeldes ein Fahrverbot zu vermeiden.

    „Von einem Fahrverbot ist grundsätzlich abzusehen, wenn es für den Betroffenen unzumutbar harte Folgen hat.“

    Ein Freifahrtschein für Verkehrssünder stellt dies aber keineswegs dar, da die Rechtsprechung hohe Anforderungen an eine Unzumutbarkeit stellt.

    Eine abschließende Auflistung aller Härtefälle ist dabei nicht möglich, da grundsätzlich die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind. Insbesondere sind die Art und die Schwere des Verstoßes sowie mögliche Vorahndungen von Bedeutung. Liegt ein Härtefall vor, wird ein höheres Bußgeld statt ein Fahrverbot gegen den Betroffenen verhängt.

    Trotzdem lassen sich bestimmte Fallgruppen bilden, bei denen regelmäßig von einem Fahrverbot wegen unzumutbarer Härte abgesehen wird:

    Existenz- und Arbeitsplatzgefährdung

    Ist der Arbeitsplatz eines Arbeitnehmers durch das Fahrverbot gefährdet, kann von gegen ein höheres Bußgeld vom Fahrverbot abgesehen werden. Voraussetzung hierfür ist jedoch die konkrete Gefährdung des Arbeitsplatzes. Die Rechtsprechung verlangt hier regelmäßig eine nachweisbare drohende Kündigung, die ausschließlich auf das Fahrverbot zurückzuführen ist (OLG Koblenz, Urteil vom 23. April 2014, Az. 2 SsBs 14/14).
    Zudem muss dem Betroffenen auch eine Ersatzlösung unzumutbar sein. Bei leitenden Angestellten mit hohem Einkommen ist nach Meinung der Gerichte sogar die Anstellung eines privaten Fahrers zumutbar (BayObLG, Urteil vom 17. Mai 1991, Az. 3 ObOWi 18/91).

    Nicht ausreichend sind regelmäßig Beschwernisse bei Ausübung der Arbeit oder höhere Fahrtkosten, z.B. für die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, um ein Fahrverbot zu umgehen.

    Auch wird dem Arbeitnehmer regelmäßig zugemutet, seinen Jahresurlaub für die Dauer des Fahrverbots zu nutzen (OLG Hamm, Urteil vom 12. Oktober 1995, Az. 4 Ss OWi 874/95).

    Für Selbstständige und Freiberufler gelten ähnlich hohe Anforderungen an die Existenzgefährdung. Sie ist in jedem Falle konkret darzulegen. So kann es einem selbstständigen Taxiunternehmer bei guter wirtschaftlicher Lage auch zugemutet werden, einen Fahrer für die Dauer seines Fahrverbotes einzustellen (OLG Zweibrücken, Urteil vom 08. September 2005, Az. 1 Ss 106/05).

    Augenblickversagen

    Beruht der zum Fahrverbot führende Verstoß auf einem sog. „Augenblickversagen“, kann hiervon unter Umständen abgesehen werden.
    Zur Frage, wann von einem Augenblickversagen ausgegangen und deshalb von einem Fahrverbot abgesehen werden kann, führt etwa das OLG Bamberg (Urteil vom 22. Dezember 2015, Az. 3 Ss OWi 1326/15stellvertretend aus:

    „Mit […] dem sog. ‚Augenblicksversagen‘ wird […] begrifflich zunächst nur ein (Fehl-) Verhalten bzw. ‚Versagen‘ des Betroffenen umschrieben, das dadurch gekennzeichnet ist, dass der Handelnde für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum […] die im Verkehr gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen hat. Allein hieraus lässt sich allerdings nicht schon ein ausreichender Anlass ableiten, den Schuldvorwurf herabzustufen. […] Denn eine Vielzahl der Fälle unbewusster Fahrlässigkeit, insbesondere bei Regelverstößen im Straßenverkehr, beruht gerade darauf, dass der Handelnde für eine nur kurze Zeit unaufmerksam ist und das an ihn gerichtete Gebot oder Verbot übersieht.

    Die Anerkennung einer Privilegierungswirkung mit Blick auf die Anordnung […] eines bußgeldrechtlichen Fahrverbots setzt vielmehr stets die Feststellung weiterer, in der Person des Handelnden liegender besonderer Umstände voraus […]. Derartige besondere Umstände sind etwa ein unübersichtliches, besonders schwieriges, überraschendes oder gar verwirrendes Verkehrsgeschehen, die im Einzelfall einen Wegfall des Fahrverbots rechtfertigen könnten […].“

    Vereinfacht gesagt, geht das Gericht also davon aus, dass ein Augenblickversagen bei Verkehrsordnungswidrigkeiten eher der Normalfall als die Ausnahme ist. Deshalb müssen immer Besonderheiten im Verkehrsgeschehen hinzutreten, um ein Fahrverbot mit diesem Argument zu umgehen.

    Gesundheitliche Gründe

    In bestimmten Fällen ist der Betroffene aus gesundheitlichen Gründen, die bei ihm oder einem Angehörigen vorliegen, zwingend auf seinen Führerschein angewiesen. Durch ein Fahrverbot drohen Betroffenen dieser Fallgruppe nicht nur wirtschaftliche Nachteile, sondern sogar gesundheitliche Gefahren. Hier sind die Gerichte regelmäßig dazu bereit, ein höheres Bußgeld statt ein Fahrverbot auszusprechen.

    „Beispielhaft bei Querschnittsgelähmten: AG Hof, Urteil vom 26. Februar 1998, Az. 10 OWi 271 Js 1682/97; bei Rollstuhlfahrern: OLG Frankfurt, Urteil vom 21. Mai 1995, Az. 2 Ws (B) 57/95 OWiG; aber auch bei Betroffenen mit pflegebedürftigen Angehörigen: OLG Hamm Urteil vom 30. September 1996, Az.: 3 Ss OWi 972/96.“

    Sind auch Sie von einem Fahrverbot betroffen und fürchten die Folgen für Ihr Berufs- oder Privatleben? Wenden Sie sich noch heute an Ihre Rechtsanwälte für Verkehrsrecht in Augsburg und lassen Sie sich über die Möglichkeiten der Abwendung des Fahrverbotes beraten.

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