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Cannabis & Führerschein – Es droht Entzug der Fahrerlaubnis!

Schätzungen zufolge haben bereits über 13 Millionen Deutsche schon mindestens einmal in ihrem Leben Cannabis konsumiert. Auch das politische Klima ist im Wandel. Immer mehr Politiker möchten auch hierzulande den Besitz von Cannabis in geringen Mengen entkriminalisieren. Strafrechtlich haben Besitzer von Cannabis in geringeren Mengen für den Eigengebrauch schon heute nicht mehr viel zu befürchten. Doch der Eindruck, dass Cannabisverstöße nicht mehr sanktioniert würden, täuscht. Denn die zuständigen Fahrerlaubnisbehörden tragen die zunehmend liberalere Einstellung zu Cannabis nicht mit. Bereits bei geringsten Blutkonzentrationen von Tetrahydrocannabinol (THC), dem Wirkstoff von Cannabis, droht der Entzug der Fahrerlaubnis.
Inhaltsverzeichnis
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    Warum meldet sich die Führerscheinbehörde?

    Für viele Betroffene kommt der Anhörungsbogen der Führerscheinbehörde mehr als überraschend. Die Polizeikontrolle, bei der ein Verstoß festgestellt wurde, ist schon Monate her. Das verhängte Bußgeld ist längst bezahlt und das einmonatige Fahrverbot bereits erledigt. Doch warum wird jetzt auch noch die Führerscheinbehörde aktiv?

    Hintergrund dieser Praxis ist, dass die Polizei bzw. die Staatsanwaltschaft Alkohol- und Drogenverstöße automatisch an die zuständige Führerscheinbehörde melden. Diese wird dann versuchen, nach § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) i.V.m § 36 Abs. 1 Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) den Führerschein zu entziehen, weil sie die Fahreignung des Betroffenen in Abrede stellt.

    Wurden Sie von der Polizei bei einer Verkehrskontrolle positiv auf Cannabis (THC) getestet, droht neben dem Fahrverbot immer auch der endgültige Entzug der Fahrerlaubnis!

    Was versteht man unter Entziehung der Fahrerlaubnis?

    Grundsätzlich gibt es zwei möglich auf den Führerschein gerichtete Sanktionen: Das Fahrverbot und den Entzug der Fahrerlaubnis.

    Das Fahrverbot ist hierbei die mildere Maßnahme. Es kann für maximal sechs Monate verhängt werden. Hierbei muss der Betroffene sein Führerscheindokument bei der Polizei abgeben und ist somit für die Dauer des Verbots nicht berechtigt, ein Fahrzeug im Straßenverkehr zu führen. Nach Ablauf dieser Frist kann der Führerschein wieder abgeholt werden und der Betroffene kann sofort wieder am Straßenverkehr teilnehmen.
    Anders hingegen in Fällen der Entziehung der Fahrerlaubnis. Diese führt zu einem zunächst endgültigen Zustand (§ 3 StVG). Demnach erhält der Betroffene seinen Führerschein auch nach Ablauf einer etwaigen Sperrfrist nicht automatisch zurück. Stattdessen muss er vom Betroffenen neu beantragt werden. Wird der Führerschein aufgrund eines Cannabisverstoßes entzogen, ist Voraussetzung für seine Wiedererteilung die erfolgreiche Absolvierung einer Medizinisch-Psychologischen Untersuchung (MPU), die u.a. den Nachweis einer einjährigen Cannabisabstinenz beinhaltet.
    Hierdurch entstehen dem Betroffenen nicht nur hohe Kosten, sondern auch große Unannehmlichkeiten aufgrund des langwierigen Verzichts auf das Auto.

    Folgende Messwerte sind relevant!

    In Zusammenhang mit Cannabis am Steuer sind grundsätzlich zwei medizinische Messwerte relevant: Zum einen die Tetrahydrocannabinol (THC)-Konzentration im Blut, angegeben in Nanogramm pro Milliliter Blut (ng/ml), zum anderen der THC-Carbonsäure-Wert (THC-COOH) in Nanogramm pro Milliliter Blut (ng/ml).

    „Die THC-Konzentration gibt Aufschluss über die im Blut befindliche Menge des Wirkstoffs von Cannabis, ähnlich wie der Promillewert beim Alkohol. Über den THC-Carbonsäure-Wert sind Rückschlüsse über die Häufigkeit des Cannabiskonsums möglich.“

    Rechtsgrundlage für den Führerscheinentzug

    Nach § 3 Abs. 1 StVG i.V.m § 46 Abs. 1 FeV ist die zuständige Fahrerlaubnisbehörde angehalten, jedem den Führerschein zu entziehen, der sich als ungeeignet zum Führen eines Kraftfahrzeuges erweist.
    Eine Nicht-Eignung kann sich aus körperlichen, geistigen oder charakterlichen Mängeln des Fahrers ergeben (§ 2 Abs. 4 StVG).

    „Aufgrund des Cannabiskonsums wird von der Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig die körperliche und geistige Eignung zum Führen eines Fahrzeuges in Frage gestellt.“

    Wann droht dem Cannabis-Konsumenten ein Entzug der Fahrerlaubnis?

    Gelegentlicher Cannabiskonsum

    Grundsätzlich genießt Cannabis unter den Betäubungsmitteln eine Sonderstellung. Denn anders als bei dem Konsum sog. harter Drogen (z.B. Heroin) ist gelegentlicher Cannabis-Konsum mit dem Besitz der Fahrerlaubnis vereinbar, sofern der Fahrer den Konsum strikt vom Fahren trennt und sog. Trennvermögen besitzt (Ziffer 9.2.2 der Anlage 4 zu den §§ 11, 13 und 14 FeV).

    Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied mit Urteil vom 23. Oktober 2014, Az. BVerwG 3 C 3/13, dass bereits ab zwei, in grobem zeitlichem Zusammenhang stehenden Konsumvorgängen von Cannabis, ein gelegentlicher Konsum vorliegt. Der zeitliche Zusammenhang ist hierbei äußert weit zu fassen. Auch mehrere Jahre Abstand zwischen den Cannabiskonsumvorgängen sind ausreichend (so etwa VG Hannover, Urteil vom 17. Januar 2011, Az. 9 A 3461/08).

    In der Praxis wird ab einem gemessenen THC-COOH Wert von über 100 ng/ml von einem gelegentlichen Konsum ausgegangen. Dem Trennvermögen zwischen der Teilnahme am Straßenverkehr und dem Cannabiskonsum kommt eine zentrale Bedeutung zu. Denn unter keinen Umständen ist es dem Fahrer erlaubt, unter dem Einfluss von Cannabis ein Fahrzeug zu führen. Der Gesetzgeber nämlich billigt gelegentlichen Konsum nur, wenn ein ausreichender zeitlicher Abstand zur Fahrt besteht.

    Die Rechtsprechung geht bereits ab einem ermittelten THC-Wert von 1,0 ng/ml davon aus, dass der Betroffene nicht zwischen Fahren und Kiffen trennen könne und somit ein Verstoß gegen das Trennungsgebot vorliege. Somit droht ab diesem Wert der Entzug der Fahrerlaubnis!

    Regelmäßiger Cannabiskonsum

    Ein regelmäßiger Konsum von Cannabis führt hingegen zwangsläufig und unabhängig von der gemessenen THC-Blutkonzentration bei einer Blutprobe zu einem Entzug der Fahrerlaubnis.

    Eine regelmäßige Einnahme i.S.d Ziffer 9.2.1 Anlage 4 zur FeV liegt jedenfalls dann vor, wenn täglich oder annährend täglich Cannabis konsumiert wird (VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26. November 2003, Az. 10 S 2048/03).

    Im Falle eines regelmäßigen Cannabiskonsums kann der Führerschein entzogen werden, selbst wenn der Betroffene gar nicht am Steuer eines Fahrzeuges saß!

    Wird z.B. bei Hausdurchsuchungen eine große Menge Cannabis für den Eigengebrauch sichergestellt, muss damit gerechnet werden, dass die Fahrerlaubnisbehörde die Fahreignung anzweifeln wird.

    Einmaliger/Erstmaliger Cannabiskonsum

    Erstkonsum führt grundsätzlich nicht zum Entzug der Fahrerlaubnis
    Wer unter Einfluss von Cannabis am Steuer erwischt wird, dem wird grundsätzlich die Fahrerlaubnis entzogen, wenn er Gelegenheits- oder gar Regelkonsument ist.
    Ein einmaliger/erstmaliger Cannabiskonsum hingegen ist fahrerlaubnisrechtlich ohne Bedeutung. Dieser einmalige/erstmalige Konsum ist in der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) nämlich nicht genannt (Ziff. 9.2. Anlage 4 zur FeV).
    Aber Vorsicht! Die Fahrerlaubnisbehörde wird eine entsprechende Einlassung grundsätzlich als bloße Schutzbehauptung zurückweisen. Denn die Dichte an Verkehrskontrollen sei allgemein so gering, dass es unwahrscheinlich ist, ausgerechnet einen Erstkonsumenten berauscht am Steuer erwischt zu haben.
    Deshalb wird dringend angeraten, bei einer polizeilichen Verkehrskontrolle keinerlei Angaben zum eigenen Konsumverhalten zu machen und bei Nachfragen auf das Aussageverweigerungsrecht zu verweisen.

    Muss sich der Betroffene aktiv entlasten oder muss die Behörde den Nachweis führen?

    Einen Freifahrtschein stellt die Behauptung eines Erstkonsums nach dem oben Gesagten also keinesfalls dar, denn bereits aufgrund einer positiven Kontrolle wird von einem gelegentlichen Cannabiskonsum ausgegangen, außer der Betroffene kann das Gegenteil beweisen!

    Da die meisten Fahrerlaubnisbehörden und Verwaltungsgerichte das Berufen auf einen einmaligen/erstmaligen Cannabiskonsum schlichtweg als bloße Schutzbehauptung abtun, hat die Rechtsprechung – verfassungsrechtlich äußerst bedenklich – faktisch eine Beweislastumkehr zum Nachteil der Betroffenen geschaffen.

    Das Verwaltungsgericht Augsburg führt hierzu stellvertretend etwa aus:

    „[…] vor dem Hintergrund des äußert seltenen Falles, dass eine Person nach einem einmaligen Cannabiskonsum zum einen bereits bald darauf ein Kraftfahrzeug führt und zum anderen dann auch noch […] in eine Verkehrskontrolle gerät und die Polizei einen Drogentest veranlasst, […] kann ohne substantiierte Darlegung des Gegenteils nicht von einem einmaligen Konsum ausgegangen werden […]“ (VG Augsburg Urteil vom 17.02.2017 Au 7 K 16.556)

    Der Betroffene muss also vortragen, warum es genau der erste Cannabiskonsum war, in welchem Rahmen dieser geschehen ist, wer das gegebenenfalls bezeugen könnte, usw..

    Dabei sollte jede Einlassung während der Verkehrskontrolle berücksichtigen, dass sich aktives THC bereits innerhalb weniger Stunden nach dem Konsum im Blut weitestgehend abbaut. Wer also behauptet, der Konsum liege weit mehr als sechs Stunden vor der Blutprobe, gesteht damit automatisch einen mehr als einmaligen/erstmaligen Cannabiskonsum. Sagen Sie daher am besten gar nichts!

    Zu beachten ist auch, dass die Führerscheinstelle den mehr als einmaligen Konsum aus weiteren Umständen folgern darf. Dazu gehören der Fund eines weiteren angerauchten Joints, cannabishaltige Aschereste, Konsumzubehör usw..

    Wie und wann bekomme ich den Führerschein zurück?

    Wurde der Führerschein durch gerichtliche Anordnung, etwa in einem mit dem Cannabisverstoß zusammenhängenden Strafverfahren nach § 69 Abs. 1 Strafgesetzbuch (StGB) entzogen, wird eine Sperrfrist zwischen sechs Monaten und fünf Jahren gemäß § 69 a Abs. 1 StGB für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis verhängt. Die Sperrfrist bei gerichtlich angeordnetem Führerscheinentzug beginnt mit dem Tag des Urteils.
    Im Durchschnitt beträgt diese neun bis zwölf Monate.

    Ist die Frist abgelaufen, bekommt der Betroffene den Führerschein aber nicht automatisch wieder ausgehändigt. Betroffene müssen eine Neuerteilung vom Führerschein beantragen.
    Der Antrag auf Wiedererteilung des Führerscheins kann drei Monate vor Ablauf der Sperrfrist gestellt werden.
    Autofahrer, die mit Cannabis im Straßenverkehr auffällig wurden, müssen dann meist eine Medizinisch-Psychologische-Untersuchung (MPU) vorlegen. Die Behörden verlangen dabei, dass sich die Betroffenen im Rahmen dessen mit ihrem Konsum auseinandersetzen. Ihren Willen und ihre Selbstbeherrschung müssen sie durch einen Abstinenznachweis belegen. Meist muss die Abstinenz über einen Zeitraum von einem Jahr nachgewiesen werden.
    Hierbei muss der Betroffene regelmäßig bei einer geeigneten Stelle, z.B. beim TÜV vorstellig werden, um eine Haar- oder Urinprobe abzugeben, anhand derer die Abstinenz nachgewiesen werden kann.

    Nehmen Sie Ihre Abstinenz sofort in Angriff und melden Sie sich zu einem zwölfmonatigen Abstinenzprogramm an! Beginnen Sie hiermit erst nach dem Ablauf einer gerichtlichen Sperre, droht wegen des Erfordernisses eines Abstinenznachweises ein weiteres Jahr ohne Führerschein. Gleich gilt, wenn keine gerichtliche Sperre angeordnet wurde, sondern „nur“ der Führerscheinentzug durch die Fahrerlaubnisbehörde droht. Bis zum Abschluss des Verwaltungsverfahrens – welches in der Regel mehrere Monate dauert – können Sie nämlich in diesen Fällen noch weiter Auto fahren. So können Betroffene die Zeit ohne Fahrerlaubnis verkürzen. Voraussetzung für die MPU ist nämlich „lediglich“ ein einjähriger Abstinenznachweis; eine gerichtliche Sperre wurde in den Fällen des behördlichen Führerscheinentzugs ja gerade nicht verhängt.

    Cannabis auf Rezept – auch Cannabis-Patienten droht der Entzug der Fahrerlaubnis

    Entgegen der Behauptungen von vielen Ratgebern und Nachrichtenportalen NTV: Rausch auf Rezept: Dürfen Cannabis-Patienten Auto fahren? Deutscher Hanfverband: Medizinisches Cannabis im Straßenverkehr: Kann ich als Patient meinen Führerschein verlieren? Deutsche Apotheker Zeitung: Sollen Cannabis-Patienten Autofahren dürfen oder nicht? Spiegel Online: Unter Drogen hinterm Steuer: Sollten Cannabis-Patienten Auto fahren?, schützt eine ärztliche Verschreibung von Cannabisprodukten nicht vor dem Führerscheinentzug.

    „Schmerzpatienten, die regelmäßig Cannabisprodukte auf ärztliche Verordnung hin konsumieren, müssen mit einem Entzug der Fahrerlaubnis rechnen!“

    In diesen Fällen liegt ebenfalls ein regelmäßiger Konsum nach Ziff. 9.2.1 Anlage 4 zur FeV vor, der zwingend, ohne Ermessensspielraum (!) für die zuständige Behörde, zum Führerscheinentzug führt.
    Unabhängig von der ärztlichen Verordnung, führt der regelmäßige Cannabiskonsum also zum Entzug der Fahrerlaubnis zur Folge (so etwa VG Düsseldorf, Urteil vom 25.09.2018, Az. 14 L 2650/18).

    Nach Ziff. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV ist derjenige zum Führen von Fahrzeugen als ungeeignet anzusehen, der regelmäßig Cannabis konsumiert. Aus welchen Gründen der Fahrerlaubnisinhaber Cannabis konsumiert hat, ist für die Beurteilung der Kraftfahreignung im Sinne von Ziff. 9.2.1 der Anlage 4 zur FeV ohne Bedeutung. Gleichzeitig ist nach Ziff. 9.6.2 der Anlage 4 zur FeV ebenso derjenige zum Führen von Fahrzeugen als ungeeignet anzusehen, bei dem unter einer Dauerbehandlung von Arzneimitteln eine Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit zum Führen von Kraftfahrzeugen unter das erforderliche Maß festzustellen ist.
    Diese Argumentation erscheint schlüssig, denn die Führerschein-Verordnung sanktioniert nicht den Konsum von Cannabis an sich, stattdessen soll vielmehr die Sicherheit des Straßenverkehrs garantiert werden. Unter diesem Gesichtspunkt ist es völlig unerheblich, aus welchem Grund ein Fahrer Cannabis konsumiert. Entscheidend sind nur die möglichen Auswirkungen des Konsums auf den Fahrer und den Straßenverkehr.
    Insoweit werden Cannabis-Patienten anderen Patienten gegenüber auch keinesfalls schlechter gestellt. Tatsächlich nämlich führt eine ganze Reihe von Krankheiten dazu, dass die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen entfällt. So ist beispielsweise auch depressiven Patienten die Fahrerlaubnis nach Ziff. 7.5.1 Anlage 4 zur FeV zu entziehen.

    Ausnahmen bei erstmaligem Cannabis-Verstoß im Straßenverkehr?

    In der bisherigen Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte wurde nur vereinzelt geurteilt, dass die Führerscheinbehörde bei erstmaligem Fahren unter Cannabiseinfluss den Führerschein nicht ohne vorherige MPU entziehen darf. Nach einem neuen Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) ist aber davon auszugehen, dass diese Sichtweise des Gerichts nun allgemeine Rechtsprechung in Deutschland wird.

    BVerwG & BayVGH: Erst mal zur MPU statt Entziehung der Fahrerlaubnis!

    Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) entschied im Jahr 2017, dass einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten nicht ohne Weiteres die Fahrerlaubnis entzogen werden darf. Die zuständige Behörde müsse nämlich im Regelfall zunächst eine MPU anordnen (Urteil vom 25. April 2017, Az. 11 BV 17.33). Dieser Rechtsprechung hat sich das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) nun angeschlossen (Urteil vom 11. April 2019, Az. 3 C 13.17).

    „Diese „zweite Chance“ für gelegentliche Cannabiskonsumenten, existierte in der Fahrerlaubnis-Verwaltungspraxis und Rechtsprechung so bislang nicht.“

    Hierzu führte der BayVGH aus:
    Es ist nicht ersichtlich, dass gelegentliche Cannabiskonsumenten, die erstmals gegen das Trennungsgebot verstoßen und hierdurch den Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllt haben, eine größere Gefahr für die Sicherheit des Straßenverkehrs darstellen als Alkoholkonsumenten, […] die das Trennungsgebot nicht beachtet haben und dann „nur“ eine medizinisch-psychologische Begutachtung durchführen lassen müssen.
    Der erstmalige, ggf. nur fahrlässige Verstoß gegen das Trennungsgebot, trägt aber nicht zwingend eine Wiederholungsgefahr in sich, die (…) die Annahme der Ungeeignetheit gemäß § 11 Abs. 7 FeV ohne weitere Aufklärung rechtfertigt.
    Der BayVGH spricht den Führerscheinstellen unter Berufung auf die frühere Begründung des Gesetzgebers die Kompetenz ab, selbst die fehlende Fahreignung ohne MPU feststellen zu können, „da die Fahrerlaubnisbehörde in aller Regel nicht die notwendigen Fachkenntnisse bei der Eignungsbeurteilung hat (BR-Drs. 443/98, S. 254).“
    Vor allem stört sich der BayVGH daran, dass für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV gar kein Anwendungsbereich besteht, wenn jeder erste Trennungsverstoß automatisch fehlendes Trennungsvermögen und somit zur Ungeeignetheit zum Führen von Kfz führt. § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV regelt die Klärung von Eignungszweifeln im Hinblick auf Betäubungsmittel und Arzneimittel, namentlich die Beibringung eines Medizinisch-Psychologischen Gutachtens (MPU) bei wiederholten Zuwiderhandlungen im Straßenverkehr nach § 24 a StVG (berauschende Mittel im Straßenverkehr).
    Allein das Normverständnis des BayVGH belässt auch für § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV einen sinnvollen Anwendungsbereich, wenn zwei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 a Abs. 2 StVG unter Cannabiseinfluss oder je eine Verkehrsordnungswidrigkeit unter Alkohol- und Cannabiseinfluss begangen worden sind. Hierzu führt der BayVGH aus: „Würde demgegenüber bei einem gelegentlichen Cannabiskonsumenten stets bei dem ersten Verstoß gegen das Trennungsgebot von Fahrungeeignetheit ausgegangen und die Fahrerlaubnis entzogen, wären kaum Fallgestaltungen denkbar, in denen § 14 Abs. 2 Nr. 3 FeV überhaupt Anwendung finden könnte.“ Untechnisch gesagt, hat der Gesetzgeber diese Norm nicht geschaffen, damit sie nie zur Anwendung kommt.

    Dieser begrüßenswerten, bayerischen Rechtsprechung hat sich nun das Bundesverwaltungsgericht angeschlossen. Alleine der erstmalige Verstoß gegen die gebotene Trennung von Konsum und Fahren rechtfertigt nicht die Annahme, dass sich der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen hat. Insofern hat das Gericht seine bisherige Rechtsprechung im Urteil vom 23. Oktober 2014 aufgegeben. Auch ein einmaliger Verstoß begründet aber Bedenken gegen die Fahreignung, denen die Fahrerlaubnisbehörde nachgehen muss. Erforderlich ist eine Prognose, ob der Betroffene auch künftig nicht zwischen einem möglicherweise die Fahrsicherheit beeinträchtigenden Cannabiskonsum und dem Fahren trennen wird. Um hierfür eine ausreichend abgesicherte Beurteilungsgrundlage zu haben, bedarf es der Einholung einer MPU.

    Vorsicht bleibt vorerst geboten!

    Trotz dieser begrüßenswerten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts ist für gelegentliche Cannabiskonsumenten ist also weiterhin Vorsicht geboten. Denn auch wenn der Führerschein nicht sofort entzogen wird, so bleibt dem Betroffenen eine MPU dennoch nicht erspart.

    „Für Betroffene macht dieses Urteil deutlich: Es lohnt sich, um den Führerschein zu kämpfen!“

    Droht auch Ihnen der Entzug der Fahrerlaubnis oder wurde Ihnen der Führerschein bereits entzogen? Setzen Sie sich noch heute mit Ihren Rechtsanwälten für Verkehrsrecht in Verbindung! Wir beraten Sie bei sämtlichen Fragen rund um das Thema „Cannabis & Entzug der Fahrerlaubnis“ und setzen Ihre Rechte vor den Verwaltungsgerichten durch.

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