Personalgespräch
Das Personalgespräch
Bei den meisten Arbeitnehmern sorgt es für Herzklopfen, wenn der Arbeitgeber zum Personalgespräch in sein Büro bittet. Was mag wohl der Grund für die Aufforderung des Chefs sein? Habe ich etwas falsch gemacht? Oder soll ich gar befördert werden? Unsicherheit macht sich breit. Gerade, wenn auf einen weniger erfreulichen Anlass für das Personalgespräch spekuliert wird, fragen sich Arbeitnehmer oftmals, was dem Arbeitgeber im Personalgespräch erlaubt ist und was nicht. Dieser Ratgeber beantwortet die häufigsten Fragen zum Thema Personalgespräch
1. Ist die Teilnahme am Personalgespräch für den Arbeitnehmer verpflichtend?
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer der Aufforderung des Arbeitgebers Folge leisten, wenn dieser zum Personalgespräch bittet. Aus dem Weisungs- bzw. Direktionsrecht des Arbeitgebers gegenüber seinem Arbeitnehmer, geregelt in § 106 Gewerbeordnung (GewO), wird gefolgert, dass der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer einseitig zur Teilnahme am Personalgespräch verpflichten kann.
Aufgrund dieses Weisungsrechts kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung des Arbeitnehmers bestimmen. Da die Erteilung der Weisungen aber keinem Formzwang unterliegt, muss der Arbeitgeber die Möglichkeit haben, dem Arbeitnehmer diese Weisungen mündlich zu erteilen. Einen Rahmen hierfür bietet das Personalgespräch, in dem der Arbeitgeber Weisungen vorbereiten, erteilen oder deren Nichterfüllung beanstanden kann. Stets muss der Arbeitgeber bei Weisungen aber billiges Ermessen walten lassen (BAG, Urteil vom 23. Juni 2009, Az. 2 AZR 606/08).
Kurzum: Der Arbeitgeber kann dem Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses keine Weisungen erteilen, wenn er keine Gelegenheit hat, um mit ihm zu sprechen. Deshalb ist die Teilnahme am Personalgespräch für den Arbeitnehmer verpflichtend.
2. Welche Inhalte darf ein Personalgespräch haben?
Da die Verpflichtung des Arbeitsnehmers zur Teilnahme am Personalgespräch Ausfluss des Weisungsrechts des Arbeitgebers ist, dient das Personalgespräch gerade dazu, Weisungen vorzubereiten, zu erteilen oder ihre Nichteinhaltung zu beanstanden. Darüber hinaus kann es aber auch jeden anderen Inhalt haben, sofern ein sachlicher Bezug zum Arbeitsverhältnis besteht. Deshalb kann der Arbeitgeber mit seinem Arbeitnehmer im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs auch unproblematisch Feedbackgespräche oder Zielerreichungsgespräche führen.
3. Muss der Arbeitnehmer „Vertragsgespräche“ führen?
Das Weisungsrecht des Arbeitgebers erstreckt sich nicht auf Bestandteile des Austauschverhältnisses des Arbeitsvertrags selbst, also etwa die Höhe des Arbeitslohns oder den Umfang der geschuldeten Arbeitsleistung. Der Arbeitgeber kann also nicht eigenhändig auf Grundlage des Weisungsrechts über Bestandteile des Arbeitsvertrages verfügen.
Folglich darf der Arbeitnehmer auch nicht dazu verpflichtet werden, mit dem Arbeitgeber im Rahmen eines Mitarbeitergesprächs Vertragsverhandlungen führen. Der Aufforderung zu einem Mitarbeitergespräch also, das der Änderung des Arbeitslohns, der Arbeitszeiten oder gar der Aufhebung des Arbeitsverhältnisses selbst dienen soll, muss der Arbeitnehmer nicht nachkommen.
Kommt also etwa während eines Personalgesprächs, welches zunächst noch einen anderen Inhalt hatte, plötzlich der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses selbst auf die Tagesordnung, so kann der Arbeitnehmer die Unterhaltung mit dem Arbeitgeber abbrechen. Denn zum Führen von Vertragsgesprächen mit dem Arbeitgeber ist der Arbeitnehmer nicht verpflichtet.
4. Darf der Arbeitgeber den Ort des Personalgesprächs bestimmen?
Das Personalgespräch findet grundsätzlich am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers statt. Der Arbeitgeber kann aber zum Personalgespräch an seinem Sitz auffordern, wenn der Arbeitnehmer etwa im Home-Office oder im Außendienst tätig ist. Der Arbeitgeber muss dem Arbeitnehmer also keinen Besuch abstatten, um mit ihm ein Mitarbeitergespräch führen zu dürfen.
5. Muss der Arbeitnehmer persönlich zum Personalgespräch erscheinen oder kann er sich vertreten lassen?
Die Teilnahme an einem Personalgespräch ist für den Arbeitnehmer ein gewöhnlicher Teil seiner Arbeitsleistung. Der Arbeitnehmer muss seine Arbeitsleistung aber stets höchstpersönlich erbringen, § 613 BGB. Aus diesem Grundsatz ergibt sich, dass der Arbeitnehmer nicht einfach einen Vertreter zum Personalgespräch schicken kann. Er muss vielmehr stets persönlich zum Mitarbeitergespräch erscheinen.
6. Darf der Arbeitnehmer eine Vertrauensperson (z.B. einen Rechtsanwalt) zum Personalgespräch mitnehmen?
Der Wunsch, im Personalgespräch einen Rechtsanwalt oder eine andere Vertrauensperson an der Seite zu haben, kann aus Sicht des Arbeitnehmers durchaus nachvollziehbar sein. Dennoch ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht dazu berechtigt, etwa anwaltlichen Beistand zum Personalgespräch hinzuzuziehen. Die Teilnahme an Personalgesprächen gehört zum Pflichtenkreis des Arbeitnehmers. Sie ist – wie die eigentliche Arbeitsleistung – vom Arbeitnehmer höchstpersönlich zu erbringen (§ 613 BGB).
Allerdings muss unter dem Gesichtspunkt der „Waffengleichheit“ das Hinzuziehen einer betriebsfremden Person (z.B. eines Anwalts) dann gestattet sein, wenn der Arbeitgeber selbst betriebsfremde Personen, etwa einen eigenen Anwalt oder Verbandsvertreter hinzuzieht und damit die rein personale Beziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verlässt (LAG Hamm, Urteil vom 23. Mai 2001, Az. 14 Sa 497/01).
Auch bei einem Anhörungsgespräch im Vorfeld einer Verdachtskündigung darf der Arbeitnehmer rechtlichen Beistand hinzuziehen: Steht gegen den Arbeitnehmer der Verdacht einer Straftat im Raum und soll der Arbeitnehmer wegen dieses Verdachts gekündigt werden, so ist ihm Gelegenheit zur Stellungnahme in Form eines Anhörungsgesprächs zu geben. Hierbei darf der Arbeitnehmer seinem Rechtsanwalt hinzuziehen (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 05. November 2010, Az. 22 Sa 430/09).
7. Darf der Arbeitnehmer Unterstützung vom Betriebsrat in Anspruch nehmen?
Ein generelles Recht des Arbeitnehmers auf Unterstützung durch den Betriebsrat im Personalgespräch besteht nicht. Ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Hinzuziehung eines Betriebsratsmitglieds kann sich gemäß § 82 Abs. 2 Satz 2 BetrVG etwa bei einem Personalgespräch über den Abschluss eines Aufhebungsvertrags ergeben. Der Anspruch besteht jedoch nicht in allen denkbaren Fallgestaltungen. Maßgeblich sind vielmehr die Umstände des Einzelfalls (BAG, Beschluss vom 16. November 2004, Az. 1 ABR 53/03).
8. Muss der Arbeitnehmer zum Personalgespräch erscheinen, wenn er krank ist?
Ein Arbeitnehmer, der arbeitsunfähig erkrankt ist, muss seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen. Folglich muss er grundsätzlich auch nicht zu einem Personalgespräch erscheinen.
Unter bestimmten Voraussetzungen kann der Arbeitgeber aber auch den krankheitsbedingt arbeitsunfähigen Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit dazu auffordern, zu einem Personalgespräch in den Betrieb zu kommen. Hierfür bedarf es jedoch eines dringenden betrieblichen Anlasses, der einen Aufschub der Weisung auf einen Zeitpunkt nach der Beendigung der Arbeitsunfähigkeit nicht gestattet und die persönliche Anwesenheit des Arbeitnehmers im Betrieb dringend erfordert. Ferner muss dem Arbeitnehmer die persönliche Anwesenheit zumutbar sein.
Die Anforderungen hieran sind jedoch streng: Ein solcher dringender betrieblicher Anlass kann etwa dann gegeben sein, wenn gegen den Arbeitnehmer der Verdacht einer Straftat besteht und der Arbeitgeber eine außerordentliche Verdachtskündigung erwägt. Eine solche Verdachtskündigung setzt jedoch zwingend eine vorherige Anhörung des Arbeitnehmers voraus. Möchte der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer aber außerordentlich kündigen, so bleiben dem Arbeitgeber lediglich zwei Wochen für den Ausspruch der Kündigung, nachdem er von Tatsachen erfahren hat, die den Verdacht gegen den Arbeitnehmer begründen, § 626 Abs. 2 BGB.
Durch eine Krankheit des Arbeitnehmers könnte also die außerordentliche Verdachtskündigung vereitelt werden. In einem solchen Fall kann der Arbeitnehmer deshalb trotz Krankheit zum Personalgespräch verpflichtet sein, wenn es dem Arbeitnehmer im Hinblick auf seinen gesundheitlichen Zustand zumutbar ist.
Eine Verpflichtung zum Personalgespräch trotz Krankheit kann sich für den Arbeitnehmer auch dann ergeben, wenn er über Informationen zu wichtigen betrieblichen Abläufen oder Vorgängen verfügt, ohne deren Weitergabe dem Arbeitgeber die Fortführung der Geschäfte erheblich erschwert oder gar unmöglich würde. Doch auch in diesem Fall darf das Personalgespräch nicht auf die Zeit nach Beendigung der Arbeitsunfähigkeit aufschiebbar sein und muss für den Arbeitnehmer zumutbar sein (BAG, Urteil vom 02. November 2016, Az. 10 AZR 596/15).
9. Muss der Arbeitnehmer zum Personalgespräch, wenn er frei hat?
Grundsätzlich findet ein Personalgespräch zu den gewöhnlichen Arbeitszeiten des Arbeitnehmers statt. Außerhalb der Arbeitszeit darf der Arbeitgeber ein Mitarbeitergespräch nur in besonderen Notfällen anberaumen oder, wenn die Voraussetzungen für die Anordnung von Überstunden vorliegen. Auch für Arbeitnehmer in Nachtschichten kann ein Personalgespräch zu den üblichen Bürozeiten untertags anberaumt werden. In allen anderen Fallkonstellationen braucht der Arbeitnehmer der Ladung des Arbeitgebers zu einem Personalgespräch außerhalb der Arbeitszeit nicht zu folgen.
10. Darf der Arbeitnehmer zum Beweis das Personalgespräch heimlich aufnehmen?
Auf gar keinen Fall darf der Arbeitnehmer ein Personalgespräch heimlich aufzeichnen. Hierdurch würde sich der Arbeitnehmer der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes aus § 201 StGB strafbar machen und somit nicht nur eine Strafanzeige, sondern insbesondere auch seinen Arbeitsplatz riskieren.
So stellte das LAG Hessen klar, dass die Aufzeichnung eines Personalgesprächs sowohl eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung als auch eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen kann. Mit der Aufzeichnung eines Personalgesprächs verletzt der Arbeitnehmer das aus dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht abgeleitete Recht auf die Wahrung der Unbefangenheit des gesprochenen Wortes, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 2 GG und damit letztlich die ihm obliegende Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (LAG Hessen, Urt. v. 23.8.2017 – 6 Sa 137/17).
Gleiches gilt natürlich auch für den Arbeitgeber. Aus den genannten Gründen darf auch er unter keinen Umständen ein Personalgespräch aufzeichnen.
11. Muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor dem Personalgespräch den Grund für das Gespräche mitteilen?
Der Arbeitgeber ist zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers verpflichtet. Bei seinen Weisungen muss er billiges Ermessen walten lassen. Insofern ist dem Arbeitnehmer der Anlass des Mitarbeitergesprächs jedenfalls dann mitzuteilen, wenn ein Recht zur Hinzuziehung eines Anwalts (siehe Punkt 6.) oder eines Betriebsrats (siehe Punkt 7.) besteht. Gleiches gilt, wenn es einer besonderen Vorbereitung des Arbeitnehmers auf das Personalgespräch bedarf.
12. Wie lange vorher muss der Arbeitgeber das Personalgespräch ankündigen?
Eine starre Frist für die Ankündigung eines Personalgesprächs existiert nicht. Allerdings sollte dem Arbeitnehmer im Rahmen des billigen Ermessens und der Rücksichtnahmepflicht des Arbeitgebers genügend Zeit gegeben werden, sich auf das Personalgespräch vorzubereiten, sofern dies im konkreten Fall notwendig ist.
13. Ist dem Arbeitnehmer die Zeit des Personalgesprächs zu vergüten?
Bei der Teilnahme am Personalgespräch handelt es sich um eine „normale“ Arbeitsleistung des Arbeitnehmers, die der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts von ihm fordert. Daher muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Zeit des Mitarbeitergesprächs wie gewöhnliche Arbeitszeit vergüten.
Sie wurden von Ihrem Arbeitgeber zum Personalgespräch geladen und haben Fragen zu Ihren Rechten und Pflichten hierzu? Kontaktieren Sie hierzu noch heute! Ihr Rechtsanwalt für Arbeitsrecht aus Augsburg kümmert sich gerne um Ihr Anliegen.