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Zahlungspflicht für Sonderumlage einer WEG trotz Beschlussanfechtungsverfahren

Regelmäßig kommt es in wohnungseigentumsrechtlichen Angelegenheiten nach dem Beschluss einer Sonderumlage zu einer interessanten rechtlichen Fragestellung. Man stelle sich folgende Situation vor: Ein oder mehrere Eigentümer haben den Sonderumlagebeschluss angefochten. Das Beschlussanfechtungsverfahren ist jedoch noch nicht abgeschlossen. Zwischenzeitlich wird die beschlossene Sonderumlage fällig. Die anfechtenden Eigentümer verweigern nunmehr die Zahlung der fälligen Sonderumlage und werden von der WEG auf Zahlung verklagt. Im Zahlungsklageverfahren wird eingewandt, ein fehlerhafter Beschluss könne doch keine Grundlage für eine Zahlungsverpflichtung sein. Zumindest sei jedenfalls die Entscheidung im parallel noch andauernden Beschlussanfechtungsverfahren abzuwarten. Es gilt dann also die Frage zu beantworten, ob eine Zahlungspflicht für eine beschlossene und fällige Sonderumlage einer WEG trotz des noch nicht abgeschlossenen Beschlussanfechtungsverfahrens besteht.

Inhaltsverzeichnis
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    Zum konkreten Sachverhalt

    Die Klägerin, ein WEG-Verband, verlangte von dem Beklagten, einem Mitglied der WEG, Bezahlung einer Sonderumlage in Höhe von 29.000,00 € für die Sanierung der Tiefgarage.

    Grundlage des Anspruchs war ein mehrheitlicher Beschluss der Eigentümer auf der Eigentümerversammlung vom 12.09.2017 unter TOP 5 (Finanzierung der Tiefgaragensanierung).

    „Es ist eine Sonderumlage in Höhe von 3.349.500,00 € verteilt nach Stellplätzen (14.500 € je Stellplatz) zu erheben. Die Sonderumlage wird vorläufig der Instandhaltungsrücklage für die Tiefgarage zugeführt und dann für die Rechnungsbegleichung verwendet. Die Verwaltung versendet zu Höhe und Fälligkeit ein gesondertes Anschreiben. Als Zeitpunkt der Fälligkeit wird beschlossen: 50% des Betrages zum 01.12.2017, der Restbetrag von 50% zum 01.06.2018.“

    Dieser Beschluss ist u.a. Gegenstand einer Beschlussanfechtungsklage in einem parallelen Verfahren vor dem AG Augsburg mit dem Aktenzeichen 30 C 4400/17 WEG. Das Beschlussanfechtungsverfahren war noch nicht abgeschlossen.

    Der Beklagte ist Sondereigentümer von vier Stellplätzen. Unstreitig hat der Beklagte die Forderung trotz Fälligkeit bisher nicht erfüllt. Er brachte diverse sachliche Einwände gegen den Sanierungsbeschluss vor. Insbesondere war er der Auffassung, dass der Sanierungsbeschluss unwirksam sei, da die beschlossene Sanierung ordnungsgemäßer Verwaltung widersprach und der Beschluss von dem Verwalter falsch umgesetzt wurde.

    Das AG Augsburg (Urteil des AG Augsburg vom 13.06.2018, Az.: 31 C 587/18 WEG) gab dem klagenden WEG-Verband Recht und verurteilte den Beklagten zur Zahlung der Sonderumlage.

    Die Urteilsbegründung des AG Augsburg

    „Bis zum rechtskräftigen Abschluss des Anfechtungsverfahrens besteht eine Zahlungspflicht des Beklagten. Die Verteidigung gegen die Inanspruchnahme durch die WEG mit dem Argument, der Beschluss sei ungültig, ist ohne jegliche Erfolgsaussicht. Nichtigkeitsgründe wären beachtlich, liegen aber nicht vor.

    Der Zahlungsanspruch ergibt sich aus § 28 Abs. 2, 5 WEG. Die Höhe des Anspruchs wurde nicht bestritten. Die Einziehung der Sonderumlage ist gem. § 27 Abs. 1 Nr. 4 WEG Aufgabe des Verwalters. Zur gerichtlichen Geltendmachung von Beiträgen ist eine Ermächtigung des Verwalters erforderlich, welche sich im hiesigen Fall aus dem vorgelegten Verwaltervertrag ergibt.

    Durch den bestandskräftigen Beschluss hinsichtlich der Sonderumlage wird die Beitragsverbindlichkeit des Beklagten begründet und eine Anspruchsgrundlage geschaffen. Ein Beschluss ist gültig, solange er nicht durch rechtskräftiges Urteil für ungültig erklärt (§ 23 Abs .4 Satz 2 WEG) oder nichtig ist (§ 23 Abs. 4 Satz 1 WEG).

    Gegen Beschlüsse über Sonderumlagen können daher sachliche Einwendungen gegen die Höhe der sich daraus ergebenden Forderungen im Zahlungsverfahren nicht geltend gemacht werden.

    Denn auch eine fehlerhafte, aber bestandskräftig beschlossene Sonderumlage ist verbindlich (BGH, Beschluss vom 24. Februar 1994 – V ZB 43/93 Rn. 26).

    Mit einem Sonderumlagebeschluss werden nämlich nur vorläufige Zahlungsverpflichtungen geschaffen, um die Gemeinschaft mit den erforderlichen Mitteln auszustatten (LG München l, Urteil vom 25. November 2013 – 1 S 4911/13 WEG Rn. 33).

    Da die Beschlüsse über die Erhebung von Sonderumlagen jedenfalls bis zu der Entscheidung über die Beschlussanfechtungsklage gültig sind, ist das Ergebnis eines solchen Verfahrens auch nicht vorgreiflich für das Verfahren über die Zahlungsklage. Für eine Aussetzung des Verfahrens über die Zahlungsklage besteht deshalb kein Anlass (vgl. BGH, Urteil v. 4.4.2014, V ZR 167/13).

    In jedem Verfahren sind Nichtigkeitsgründe zu beachten. Ein Beschluss, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann, ist nichtig (§ 23 Abs. 4 Satz 1 WEG).

    Eine Nichtigkeit des Sonderumlagebeschlusses kann nicht festgestellt werden. Soweit der Beklagte moniert, dass der Sonderumlage ein falscher Kostenverteilungsschlüssel zu Grunde liegt, so führt dies nicht zur Nichtigkeit, sondern allenfalls zu Anfechtbarkeit des Beschlusses. Insoweit darf aber auch auf die Rechtsprechung des LG München I hingewiesen werden. Ist die Sach- und Rechtslage nicht eindeutig, so dass bei vorläufiger Bewertung verschiedene Verteilungsschlüssel in Betracht kommen, entspricht es auch regelmäßig ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Mehrheit sich bei der Sonderumlage für einen der in Betracht kommenden Schlüssel entscheidet (LG München l, Urteil vom 25. November 2013 — 1 S 4911/13 WEG, Rn. 33). Insoweit dürfte der Sonderumlagebeschluss ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen, da eine Kostenverteilung nach Anzahl der Stellplätze sich im Rahmen des den Eigentümern eingeräumten Ermessens bewegt. Darauf kommt es aber letztlich nicht an. Eine Nichtigkeit ist aus einem fehlerhaften Verteilungsschlüssel nicht herzuleiten.

    Darauf, dass der Verwalter den Sanierungsbeschluss nicht ordnungsgemäß umgesetzt haben könnte, kommt es ebenso nicht an. Die fehlerhafte Umsetzung eines Beschlusses kann für den Verwalter rechtliche und tatsächliche Konsequenzen haben, führt aber keinesfalls zur Nichtigkeit des Sanierungsbeschlusses.

    Soweit der Beklagte den Umfang der beschlossenen Sanierung bemängelt, so ist dies erneut eine Frage, ob die beschlossene Sanierung ordnungsgemäßer Verwaltung entsprach. Auch hier geht es allein um Fragen der Anfechtbarkeit des Beschlusses. Im Zahlungsverfahren ist der Einwand unbehelflich.“

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