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Wirksamkeit eines Reservierungsvertrages über eine Immobilie zwischen Makler und Kaufinteressenten
Gemäß § 652 BGB erhält ein Makler seine Vergütung grundsätzlich für eine erfolgreiche Vermittlung. Dies setzt voraus, dass ein Kaufvertrag über eine Immobilie infolge des Nachweises oder infolge der Vermittlung des Maklers zustande kommt. Viele Makler lassen sich von den Kaufinteressenten jedoch zusätzlich zum Maklervertrag eine sog. Reservierungsvereinbarung unterzeichnen. Dabei verpflichtet sich der Makler seine sonstigen Nachweis- und Vermittlungsbemühungen zunächst einzustellen und anderen Interessenten abzusagen. Im Gegenzug wird der Kaufinteressent verpflichtet, eine pauschale Reservierungsgebühr an den Makler zu bezahlen, sofern er das Objekt nach Ablauf der Reservierung doch nicht erwirbt. Die Wirksamkeit derartiger Reservierungsvereinbarung ist in der Rechtsprechung nicht unumstritten. Eine Mandantin der Kanzlei Limmer.Reutemann – Rechtsanwälte wurde von einem Immobilienmakler auf Zahlung einer derartigen Reservierungsgebühr in Anspruch genommen, als sie nach der Unterzeichnung einer Reservierungsvereinbarung das Objekt doch nicht erwerben wollte. Nachdem die geltend gemachten Ansprüche außergerichtlich zurückgewiesen wurden, machte der Makler die Reservierungsgebühr gerichtlich geltend. Das Amtsgericht Augsburg (Urteil vom 14.05.2018, Az.: 17 C 842/18) gab unserer Mandantin recht und wies die Klage ab.
Zum konkreten Sachverhalt
Die Klägerin, eine Immobilienmakleragentur begehrt Zahlung einer pauschalierten Aufwandsentschädigung aus einer Reservierungsvereinbarung im Zusammenhang mit einem beabsichtigten Immobilienerwerb. Die Parteien schlossen einen Maklervertrag über die Vermittlung des Kaufs einer Eigentumswohnung mit zwei Tiefgaragenplätzen in …. Der Kaufpreis sollte …€ betragen. Die Provision der Klägerin bei Zustandekommen des Kaufvertrags sollte 3,57 % des vorgenannten Kaufpreises betragen. Darüber hinaus schlossen die Parteien am 16.01.2017 eine Reservierungsvereinbarung mit folgendem Inhalt ab:
Pflichten des Maklers
Der Makler reserviert auf Wunsch dem Kaufinteressenten das nachfolgende Immobilien – Objekt und dies bis zur notariellen Beurkundung – längstens jedoch für 2 Wochen. Der Makler verpflichtet sich hierbei, während dieser Zeit seine Maklertätigkeit für andere Kaufinteressenten dieses Objektes einzustellen bzw. andere Kaufinteressenten auf diese bestehende Reservierungsvereinbarung hinzuweisen.
Pflichten des Kaufinteressenten
Für den Fall, dass der Kaufinteressent den beabsichtigten Kaufvertrag trotz Bereitschaft des Verkäufers nicht abschließt, bezahlt er an den Makler eine pauschale Aufwandsentschädigung von 3,57 % (inkl. 19 % Mehrwertsteuer) vom Kaufpreis, somit … € inklusive Mehrwertsteuer. Die Aufwandsentschädigung dient dem Makler als Entschädigung dafür, dass andere ernsthafte Kaufinteressenten abgewiesen wurden und somit neue Suchbemühungen unternommen werden müssen.
Die gegenständliche Reservierungsvereinbarung bzw. die darin aufgeführten Klauseln stammten von der Klägerin. Nach Abschluss der Reservierungsvereinbarung wurde ein notarieller Kaufvertragsentwurf erstellt. Die Beklagte teilte der Klägerin dann jedoch mit, dass sie das gegenständliche Objekt nicht erwerben wolle. Mit Rechnung vom 10.05.2017 forderte die Klägerin von der Beklagten die Reservierungsgebühr in Höhe von … € ein. Mit Schreiben vom 08.06.2017 mahnte die Klägerin die Beklagte unter Fristsetzung zum 30.06.2016 fruchtlos zur Zahlung an. Die Klägerin behauptet, die Reservierung sei auf Wunsch der Beklagten erfolgt.
Die Beklagte ist der Ansicht, die Reservierungsvereinbarung sei bereits formunwirksam. Darüber hinaus seien die Regelungen der Reservierungsvereinbarung als Allgemeine Geschäftsbedingungen zu qualifizieren. Die Zahlungsverpflichtung bei Nichtabschluss des Kaufvertrags benachteilige die Beklagte unangemessen, sodass die Reservierungsvereinbarung bzw. Zahlungsverpflichtung gemäß § 307 BGB unwirksam sei.
In seinen Entscheidungsgründe führte das Amtsgericht Augsburg aus wie folgt
Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Reservierungsgebühr nebst Zinsen, da die gegenständliche Reservierungsvereinbarung bzw. darin enthaltene Zahlungsverpflichtung der Beklagten gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist.
Die Regelungen der gegenständlichen Reservierungsvereinbarung sind gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die die Klägerin der Beklagten bei Abschluss der Vereinbarung gestellt hat.
Streitig ist, ob die Reservierung des gegenständlichen Objekts auf Wunsch der Beklagten oder auf Veranlassung der Klägerin erfolgte. Dieser Punkt ist jedoch unerheblich, da jedenfalls unstreitig ist, dass die Reservierungsvereinbarung als solche der Beklagten von der Klägerin vorgegeben wurde.
Eine Individualvereinbarung gemäß § 305 Abs. 1 S. 3 BGB liegt nicht vor, da nicht ersichtlich ist, dass die gegenständliche Reservierungsvereinbarung zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt wurde. Unstreitig ist, dass keine Verhandlungen über die Regelungen der Reservierungsvereinbarung erfolgt sind. Unstreitig ist auch, dass die Beklagte keine Einflussnahme auf die Gestaltung der gegenständlichen Reservierungsvereinbarung hatte.
Ob die gegenständliche Reservierungsvereinbarung formwirksam ist, kann dahinstehen, da die Reservierungsvereinbarung bzw. die darin enthaltene Regelung zur Aufwandsentschädigung jedenfalls gemäß § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam ist.
Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist eine unangemessene Benachteiligung gemäß § 307 BGB anzunehmen, wenn der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen. Die Unangemessenheit ist zu verneinen, wenn die Benachteiligung des Vertragspartners durch zumindest gleichwertige Interessen des Verwenders der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gerechtfertigt ist (BGH, Urteil vom 23.09.2010, Az. III ZR 21/10). Eine solche Rechtfertigung kommt nach höchstrichterlicher Auffassung in Betracht, wenn mit Abschluss der Reservierungsvereinbarung eine ins Gewicht fallende Verzichtsleistung seitens des Maklers einhergeht. Von einer solchen könne aber allenfalls dann gesprochen werden, wenn die Zeitdauer der Reservierung so lange wäre, dass die Gefahr das Eigenheim nicht mehr anderweitig zu dem ins Auge gefassten Kaufpreis veräußern zu können, nennenswert erhöht wäre. Davon könne regelmäßig keine Rede sein, da der Zeitraum zwischen der konkreten Kaufabsicht und dem Beurkundungstermin im Allgemeinen überschaubar sei (BGH, a.a.O., Rn. 16).
Unter Anwendung dieser Grundsätze geht mit der gegenständlichen Reservierungsvereinbarung nach Auffassung des Gerichts keine ins Gewicht fallende Verzichtsleistung der Klägerin einher. Die gegenständliche Vereinbarung sieht eine Reservierungspflicht der Klägerin bis zur notariellen Beurkundung, längstens jedoch für zwei Wochen vor. Dies stellt keine ins Gewicht fallende Verzichtsleistung der Klägerin dar. Vielmehr entspricht dieser Zeitraum dem üblichen Geschäftsgang, da üblicherweise nicht von heute auf morgen ein notarieller Beurkundungstermin möglich ist und auch die Ausgestaltung des konkreten Kaufvertrags eine gewisse Vorlaufzeit in Anspruch nimmt. Dementsprechend liegt eine unangemessene Benachteiligung der Beklagten gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB vor.
Hinzu kommt der Umstand, dass der vorgenannten Reservierungspflicht bzw. Verzichtsleistung der Klägerin eine Zahlungsverpflichtung der Beklagten in Höhe von … € bei einem Kaufpreis von … € gegenübersteht. Diese Zahlungsverpflichtung ist nach Auffassung des Gerichts durchaus gewichtig und steht in keinem angemessenen und nachvollziehbaren Verhältnis zu der nicht ins Gewicht fallenden Verzichtsleistung der Klägerin, so dass die gegenständliche Reservierungsvereinbarung auch aus diesem Grund die Beklagte in unangemessener Weise gem. § 307 Abs. 1 S. 1 BGB benachteiligt.
Soweit die Klägerseite einwendet, die vorgenannte Entscheidung des BGH sei nicht einschlägig, anderenfalls wäre jegliche in einer eigenständigen Vertragsurkunde getroffene Reservierungsvereinbarung nichtig, verwundert dieser Rückschluss. Eine Reservierungsvereinbarung kann auch unter Berücksichtigung der Ausführungen des BGH durchaus gem. § 307 BGB zulässig sein. Dies setzt aber insbesondere voraus, dass der Reservierungsgebühr eine adäquate Gegenleistung gegenübersteht, beispielsweise in Form einer erheblichen Reservierungsdauer.