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Rechtsschutz für Klagen im VW-Abgasskandal
Eine Rechtsschutzversicherung darf einem vom VW-Abgasskandal betroffenen Versicherungsnehmer die Erteilung einer Deckungszusage nicht mit dem Argument verweigern, dass es an den Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung fehle.
Das Landgericht Düsseldorf (Urteil vom 09.03.2017 – Az. 9 O 95/16) hält eine hinreichende Erfolgsaussicht in jedem Falle für gegeben, da in derartigen Fällen, wie mittlerweile eine Reihe von Urteilen zeigt, sowohl bezüglich der Ansprüche gegen den Händler als auch den Fahrzeughersteller zumindest eine gleich hohe Wahrscheinlichkeit für einen positiven wie negativen Verfahrensausgang besteht.
Zum konkreten Fall
In dem konkret zu entscheidenden Fall unterhielt der Kläger bei der beklagten Rechtsschutzversicherung einen Rechtsschutzversicherungsvertrag. Der Kläger erwarb am 27.2.2014 einen VW Tiguan Sport & Style, 4 Motion, 2,0 TDI, 130 KW als Neuwagen bei einem Händler für 37.214,64 € inkl. MwSt. Das Fahrzeug war mit dem Motoraggregat EA 189 ausgestattet und damit von dem VW-Abgasskandal betroffen.
Der Rechtsanwalt des Klägers begehrte bei der Beklagten eine Deckungszusage. Er gab gegenüber der beklagten Versicherung an, er habe einen Pkw aus dem VW-Konzern erworben, welcher vom VW-Abgasskandal betroffen sei. Der Kläger möchte nun die ihm zustehenden gesetzlichen Gewährleistungsrechte sowie Schadensersatzansprüche durchsetzen. Diese Gewährleistungsansprüche bestünden gegenüber dem Händler, der ihm das Fahrzeug verkauft habe. Darüber hinaus bestünden Schadensersatzansprüche gegenüber dem Hersteller des Fahrzeugs. Die Beklagte lehnte daraufhin eine Deckungszusage mit dem Hinweis auf fehlende Erfolgsaussichten ab.
Der Kläger erhob daraufhin Klage gegen seine Rechtsschutzversicherung und begehrte die Feststellung des Versicherungsschutzes.
LG Düsseldorf erkennt Anspruch auf Deckungszusage
Das Gericht gab ihm Recht und führte aus, dass der Kläger bezüglich des Vorgehens gegen die Volkswagen AG einen Anspruch auf Deckungsschutz aus § 125 VVG i.V.m. dem Rechtsschutzversicherungsvertrag, ausgestaltet durch die zugehörigen ARB, habe. Demnach sei die Beklagte verpflichtet, die für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen im vereinbarten Umfang zu erbringen.
Der streitgegenständliche Sachverhalt in Form der Geltendmachung von Rückabwicklungs-, Gewährleistungs- und Schadensersatzansprüchen anlässlich des Erwerbs eines Fahrzeugs sei grundsätzlich im Rahmen des zugrundeliegenden Rechtsschutzversicherungsvertrags versichert. Insbesondere sei unstreitig, dass der Kläger von dem Händler innerhalb des versicherten Zeitraumes ein von dem Abgasskandal betroffenes Fahrzeug erworben habe. Unstreitig sei zudem, dass das Fahrzeug vom Abgasskandal betroffen sei. Die Beklagte könne ihre Leistungspflicht nicht etwa deshalb verneinen, weil die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Klägers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete oder mutwillig sei, weshalb der Versicherer aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag zur Gewährung von Rechtsschutz hinsichtlich der für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers erforderlichen Leistungen verpflichtet sei.
Ausreichend hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens gegeben
Der Abgasskandal, von dem unzählige Fahrzeuge betroffen sind, werfe diverse schwierige Tatsachen- und Rechtsfragen auf, die bislang in der Rechtsprechung nicht endgültig geklärt worden seien. Zunächst bestehe wegen der beabsichtigten Rechtsverfolgung gegen die VW-AG eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven wie negativen Ausgang für die klagende Partei. Es sei ohne Weiteres jedenfalls vertretbar, anzunehmen, dass der klagenden Partei Schadensersatzansprüche gegen die Volkswagen AG zustünden.
Zudem besteht auch wegen der beabsichtigten Rechtsverfolgung gegen den Händler eine zumindest gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven wie negativen Ausgang für die klagende Partei. Es sei ohne weiteres jedenfalls vertretbar, anzunehmen, dass der klagenden Partei Gewährleistungsrechte und/oder Schadensersatzansprüche gegen den Händler zustünden, denn hinsichtlich der Gewährleistungsrechte gegenüber dem Händler gelte Folgendes:
Ein Anspruch des Klägers gegen den Händler wegen des Rücktritts vom Kaufvertrag sei jedenfalls ebenso wahrscheinlich, wie eine klageabweisende Entscheidung. Dass der Mangel im Rahmen einer Rückrufaktion durch ein Softwareupdate oder ähnliche geringfügige Eingriffe endgültig behoben werden könne, sei nicht sicher. Zudem könne es dahinstehen, ob die Nachbesserungskosten nur den am Fahrzeug vorzunehmenden Nachbesserungsaufwand umfassen würden oder auch die vorangegangene Entwicklung einer neuen Software. Denn es sei jedenfalls offen, ob die geplanten Maßnahmen ausreichen würden, um das Fahrzeug in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen. Zwar könne es sein, dass durch die geänderte Software oder ähnliche Eingriffe der manipulative Charakter der bisherigen Software beseitigt werde. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass damit andere Nachteile verbunden wären, wie zum Beispiel ständig überhöhte Abgaswerte, Leistungsverlust, Mehrverbrauch oder erhöhter Verschleiß. Daneben könne es sein, dass betroffene Fahrzeuge auch nach der Rückrufaktion in den Augen der Marktteilnehmer einen Makel behalten und damit zum Beispiel beim Verkauf im Wert gemindert würden. Es erscheine daher auch nicht zumutbar, die zeitlich sowieso weiträumig geplanten Rückrufaktionen abzuwarten und zu sehen, ob die klagende Partei danach über ein ordnungsgemäßes Fahrzeug verfüge. Das Vorhandensein eines erheblichen Sachmangels sei durch diverse Instanzgerichte bereits bejaht worden. Es sei schließlich auch zu berücksichtigen, dass es sich nicht nur um einen einfachen Herstellungsfehler handle, sondern um eine bewusste Manipulation.
Zwar habe sich die Beklagte auf gegenteilige Gerichtsentscheidungen berufen, dabei verkenne sie aber, dass die Frage, ob die Rechtsverfolgung letztendlich zum Erfolg führt, im Klageverfahren auf Erteilung von Deckungsschutz nicht abschließend zu klären sei, sondern, sofern die Rechtsansicht jedenfalls vertretbar wäre, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben müsse. Anderenfalls würden die Rechte des Versicherungsnehmers aus dem Versicherungsvertrag unzulässig verkürzt. Insbesondere sei letztlich auch eine höchstrichterliche Klärung der Hauptsache in den streitigen Rechtsfragen noch nicht erfolgt. Die hinreichenden Erfolgsaussichten können nicht bereits dadurch entfallen, dass Instanzgerichte in Einzelfällen abweichend entschieden hätten.
Unsere Einschätzung
Die Rechte von Autokäufern im VW-Abgasskandal wurden zuletzt durch eine Vielzahl von Urteilen ganz erheblich gesteigert. Lesen Sie hierzu unseren Artikel „Die Rechte von Kunden im VW-Abgasskandal – Ein Update“. Während das LG Düsseldorf im März 2017 noch davon spricht, dass zumindest eine „gleich große Wahrscheinlichkeit für einen positiven wie negativen Ausgang“ eines Prozesses besteht, kann aufgrund einer erheblichen Steigerung der Rechte von Diesel-Käufern in der Rechtsprechung dieses und vergangenes Jahr durchaus davon gesprochen werden, dass die Chancen für ein Obsiegen gegen den Händler bzw. gegen den Konzern überwiegen. Somit wird sich künftig keine Rechtsschutzversicherung mehr der Deckung einer Klage im Dieselskandal mit dem Argument entziehen können, dass keine ausreichenden Erfolgsaussichten bestünden.
Sind auch Sie betroffen?
Sie haben ein vom Abgasskandal betroffenes Fahrzeug von VW, Audi, Skoda, Opel, o.a. erworben und möchten Ihre Rechte geprüft haben und ggf. durchsetzen? Bei uns sind Sie richtig. Wir beraten und helfen nicht nur bei der Durchsetzung Ihrer Rechte gegenüber den Händlern bzw. den Herstellern, sondern stehen Ihnen auch zur Seite, sofern Ihre Rechtsschutzversicherung den Versicherungsschutz verweigert. Gerne übernehmen wir für Sie bereits die Schadensmeldung bei Ihrer Rechtschutzversicherung und beantragen für Sie die Deckungszusage.