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BGH: Hilfsweise ordentliche Kündigung bei Mietrückstand zulässig!

Die fristlose Kündigung bei Wohnraummietverhältnissen kann mit einer hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigung kombiniert werden, ohne dass die ordentliche Kündigung wegen der Gestaltungswirkung der fristlosen Kündigung „ins Leere“ liefe. Dies hat der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Fällen entschieden, in denen die Kündigungen jeweils wegen Mietrückständen erfolgt waren, die die Mieter nach Zugang der Kündigungen jeweils beglichen hatten (Urteile vom 19.09.2018, Az.: VIII ZR 231/17 und VIII ZR 261/17).

Inhaltsverzeichnis
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    Wie ist die Rechtslage?

    Das Gesetz sieht für den Vermieter ein Recht zur außerordentlichen Kündigung vor, sofern der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung der Miete oder eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist oder in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Monate erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht, § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 a), b) BGB.

    § 543 Abs. 2 S. 2 BGB besagt, dass diese Kündigungsmöglichkeit ausgeschlossen ist, sofern der Vermieter vorher befriedigt wird. Konkret bedeutet dies: Bezahlt der Mieter den Rückstand bevor die Kündigung erklärt wird, so ist eine außerordentliche Kündigung nun nicht mehr möglich. Diese Regelung versteht sich jedoch nur für das allgemeine Mietrecht. Für das Wohnraummietrecht ist die Möglichkeit des Mieters zum Ausgleich des Rückstandes sogar noch weitreichender. Hier kann der Mieter sogar noch nach Erhalt der Kündigung den Rückstand ausgleichen, bis spätestens zum Ablauf von zwei Monaten nach Zustellung einer Räumungsklage, § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB.

    Diese Möglichkeit für den Mieter, die Kündigung rückwirkend durch die Bezahlung der rückständigen Miete unwirksam zu machen, hat in der Praxis dazu geführt, dass Vermieter oftmals neben einer außerordentlichen Kündigung auch hilfsweise eine ordentliche Kündigung erklärt haben. Nach § 573 Abs. 1 S. 1 BGB kann ein Vermieter das Mietverhältnis dann ordentlich kündigen, sofern er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB ist ein berechtigtes Interesse dann gegeben, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt. Sofern die Zahlung der Miete, als vertragliche Hauptleistungspflicht des Mieters nicht erfolgt, liegt regelmäßig ein derartiges berechtigtes Interesse des Vermieters vor.

    Um was ging es in dem zu entscheidenden Fall?

    In den vom Bundesgerichtshof nun zu entscheidenden Fällen war die Sachlage genau wie geschildert. Zunächst hatten die Mieter in zwei aufeinander folgenden Monaten die Miete nicht entrichtet. Die Vermieter haben sodann die fristlose und zugleich hilfsweise die fristgerechte Kündigung der Mietverhältnisse wegen Zahlungsverzugs erklärt. In beiden Fällen zahlten die Mieter nach Zugang der Kündigung die Mietrückstände.

    Wie urteilten die Vorinstanzen?

    In den jeweiligen Verfahren vor den Amtsgerichten erachteten diese die hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen noch als wirksam. In der Berufungsinstanz lautete der Tenor jedoch anders. Die Räumungsklagen wurden abgewiesen. Begründet wurde dies wie folgt: Die außerordentlichen Kündigungen seien zunächst wirksam gewesen und auf Grundlage dessen hätte die Räumung und Herausgabe verlangt werden können. Durch den Ausgleich der Mietrückstände noch vor Klageerhebung habe sich die Sachlage jedoch geändert. Gemäß § 569 Abs. 2 Nr. 2 BGB seien die Kündigungen unwirksam geworden. Soweit – wie oben dargestellt – ist die Entscheidung noch nachvollziehbar.
    Weiter hatte sich das Berufungsgericht dann mit den hilfsweise erklärten ordentlichen Kündigungen auseinanderzusetzen.

    Hier überraschte das Berufungsgericht und argumentierte wie folgt:

    Die jeweiligen Mietverhältnisse seien bereits durch den Zugang der wirksam ausgesprochenen außerordentlichen fristlosen Kündigungen mit sofortiger Wirkung beendet worden. Die rechtzeitig erfolgten Ausgleichszahlungen hätten dann zwar dazu geführt, dass die durch die fristlosen Kündigungen ausgelösten Herausgabe- und Räumungsansprüche erloschen seien. Es sei jedoch zu berücksichtigen, dass im Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigungserklärungen und dem Eingang der Schonfristzahlungen ein Mietverhältnis nicht mehr bestanden habe. Eine ordentliche Kündigung hätte aufgrund der Gestaltungswirkung der außerordentlichen Kündigung also nicht mehr erklärt werden können.

    BGH: Hilfsweise ordentliche Kündigung zulässig

    Der BGH erklärte in der Revisionsinstanz diese Argumentation zu Recht für unzutreffend. Die hilfsweise ordentlich erklärten Kündigungen führten seiner Ansicht nach gleichwohl zur Beendigung der Mietverhältnisse.
    Ein Vermieter, der neben einer fristlosen Kündigung hilfsweise eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses erkläre, mache diese nicht nur für den Fall, einer bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung gegebenen Unwirksamkeit der vorrangig erfolgten fristlosen Kündigung. Vielmehr bringe er damit zum Ausdruck, dass die ordentliche Kündigung auch dann gelten solle, sofern die zunächst wirksam erklärte fristlose Kündigung aufgrund eines Ausgleichs der Mietrückstände nachträglich unwirksam werde.

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