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Ein Knöllchen pro Stunde ist Verwarnung genug!

Inhaltsverzeichnis
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    Zum Fall

    Zweimal jährlich findet in Augsburg die traditionelle Dult statt. Während sich viele Besucher an dem Warenangebot der ca. einen Kilometer langen Budenstraße zwischen Jakobertor und Vogeltor erfreuen, auf der es vom Autopflegemittel bis zum Zwiebelschneider alles zu kaufen gibt, ist die Dult für die autofahrenden Anwohner vor allem eines: Nämlich ein großes Ärgernis.

    Dies deshalb, weil auf der gesamten Straße zahlreiche Parkplätze entfallen. Die dortigen Anwohner sehen sich deshalb gezwungen, anderweitige Parkplätze innerhalb des Parkgebietes zu finden. Da allerdings nicht ausreichend viele Ausweichparkplätze vorhanden sind und das Gebiet zudem von Fahrzeugen der vielen Besucher der Dult (widerrechtlich) geradezu überschwemmt wird, sehen sich die Anwohner oftmals gezwungen, ihr Auto widerrechtlich außerhalb der gekennzeichneten Flächen oder im Halteverbot zu parken. Aufgrund des Frusts trotz intensiver Parkplatzsuche wieder keinen Stellplatz für das eigene Auto gefunden zu haben, wird das Risiko, einen Strafzettel zu kassieren, oftmals zähneknirschend in Kauf genommen.

    So ergeht es auch einem unserer Mandanten zweimal im Jahr. Knöllchen werden von ihm in dieser Zeit mangels kostenfreier Alternativen mit geradezu stoischer Gelassenheit hingenommen. Nicht schlecht staunte er aber, als er eines Morgens gleich zwei Strafzettel mit einem Verwarnungsgeld von je 15,00 € an der Windschutzscheibe seines Autos hatte, die dort von der Polizei innerhalb eines Zeitraums von nur einer Stunde angebracht wurden. Das Fahrzeug hatte er am Vorabend im absoluten Halteverbot abgestellt. Da dies unserem Mandanten dann doch zu viel Verwarnung auf einmal war, wandte er sich schließlich an unsere Kanzlei.
    Unserem Mandanten rieten wir schließlich, das erste Verwarnungsgeld für den Verstoß zu bezahlen, so dass diese Verwarnung wirksam werden konnte. Gleichzeitig empfahlen wir unserem Mandanten, die zweite Verwarnung nicht zu bezahlen und stattdessen gegen den ergangenen Bußgeldbescheid Einspruch einzulegen. Zuständig für die Entscheidung war das Amtsgericht Augsburg, Az. 41 OWi 605 Js 103893/18.

    Unsere Argumentation

    Noch vor dem Gerichtstermin legten wir dem Gericht unsere Rechtsansicht wie folgt dar:
    Die zweite Verwarnung verstoße gegen das Verbot der Doppelbestrafung, den sogenannten „ne bis idem“-Grund (Art. 103 Abs. 2 GG). Beim verbotswidrigen Parken handele es sich um ein Dauerdelikt. Dauerordnungswidrigkeiten sind Handlungen, bei denen der Täter den von ihm durch die Verwirklichung des Bußgeldtatbestandes geschaffenen rechtswidrigen Zustand aufrechterhält oder die bußgeldbewehrte Tätigkeit ununterbrochen fortsetzt, so dass sich der Vorwurf sowohl auf Herbeiführung als auch auf die Aufrechterhaltung des rechtswidrigen Zustandes bezieht (vgl. Göhler, OWiG, 13. Auflage, vor § 19 Rn. 18, m.w.N.).
    Vorliegend habe unser Mandant mit dem Abstellen des Fahrzeugs im absoluten Halteverbot einen rechtswidrigen Zustand geschaffen, der erst mit der Aufhebung dieses Zustandes, dem Wegfahren des Autos, endete. Dies stelle eine Dauerordnungswidrigkeit dar (vgl. BayOLGSt, 1969, 207, BayOLG DAR 1971, 304). Dass unser Mandant die Möglichkeit hatte, den ordnungswidrigen Zustand zwischenzeitlich zu beenden, führe nicht zum Wegfall des Dauerdelikts. Selbst wenn unser Mandant die angebrachte Verwarnung für das Falschparken wahrgenommen habe, was vorliegend nicht der Fall war, und in Kenntnis dieser das Auto nicht weggefahren hätte, wäre darin kein erneuter Tatentschluss zu sehen(vgl. BGH NStZ 1992, 594).
    Für die Annahme einer tatmehrheitlichen Begehungsweise sei stattdessen vorliegend kein Raum. Die beiden Verwarnungen betreffen damit dieselbe Tat im verfahrensrechtlichen Sinne. Damit liege ein Fall der Tateinheit gemäß § 19 Abs. 1 OWiG vor.
    Der sich auf denselben Vorgang beziehende Bußgeldbescheid für den zweiten Parkverstoß sei damit von vornherein wegen des Verstoßes gegen den „ne bis idem“-Grundsatz unwirksam. Mithin hätte die zweite Verwarnung gar nicht erlassen werden dürfen.

    Allenfalls hätte das Verwarnungsgeld bezüglich des ersten Verfahrens aufgrund der Länge des Falschparkens erhöht werden können. Mit der Bezahlung des Verwarnungsgeldes sei die Verwarnung jedoch bereits wirksam geworden, so dass einer rückwirkenden Erhöhung des Verwarnungsgeldes nunmehr das Verfahrenshindernis des § 56 OWiG entgegen stehe.
    Zuletzt wurde für die Hauptverhandlung die Beantragung eines Freispruchs angekündigt.
    Das Gericht war von dieser Argumentation überzeugt und fragte bei uns an, ob Einverständnis mit einer Einstellung des Verfahrens durch Beschluss (ohne Hauptverhandlung) bestehe. Hiermit waren wir selbstverständlich einverstanden. Das Gericht erkannte das vorliegende Verfahrenshindernis völlig zutreffend und stellte fest, dass der Parkverstoß als solcher bereits geahndet worden sei. Die Kosten des Verfahrens wurden der Staatskasse auferlegt.

    Somit hatte sich der zweite Strafzettel zur Freude unseres Mandanten erledigt.

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