News & Ratgeber

Das neue bayerische Polzeiaufgabengesetz (PAG) - eine drohende Gefahr?

Am morgigen Freitag, 25.05.2018, tritt das neu gefasste bayerische Polizeiaufgabengesetz, eineinhalb Wochen nachdem der bayerische Landtag dieses verabschiedet hat, in Kraft. Selten wurde ein neues Gesetz im Vorfeld so kontrovers diskutiert wie das neue bayerische Polizeiaufgabengesetz (PAG). Landesweit gab es dagegen Proteste. In München demonstrierten 30.000 Menschen gegen seine Verabschiedung.

Inhaltsverzeichnis
    Add a header to begin generating the table of contents

    Warum wird das Gesetz ausgerechnet jetzt geändert?

    Der bayerische Gesetzgeber musste das PAG unter anderem an das komplizierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum BKA-G und die neue Datenschutzgrundverordnung der EU (EU-DSGVO) anpassen. Jedoch gingen die Änderungen des Freistaates hierbei deutlich weiter als in anderen Bundesländern. Kritiker bemängeln vor allem die Verwendung vieler unbestimmter Rechtsbegriffe im PAG.
    Den wohl größten Diskussionsgrund lieferte die Übernahme des Begriffs der ‚drohenden Gefahr‘ aus dem Bundesverfassungsgerichtsurteils zum BKA-Gesetz. Die ‚drohende Gefahr‘ wurde bereits bei einer Änderung des PAG im August 2017 in das Gesetz übernommen, ist also nicht neu. Neu ist jedoch, dass die ‚drohende Gefahr‘ auf Befugnisse im präventiven Bereich ausgeweitet wurde, wo bisher eine konkrete Gefahr vorliegen musste und das Bundesverfassungsgericht den Begriff ausschließlich im Zusammenhang mit der Terrorabwehr verwendete.

    Was ist eine ‚drohende Gefahr‘?

    Welche Voraussetzungen eine ‚drohende Gefahr‘ haben muss, darüber gab es in den Medien und sozialen Netzwerken unterschiedliche Meinungen und Definitionen. Der Augsburger Professor für Verfassungsrecht Franz Josef Lindner hat in einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen vom 17.05.2018 klargestellt, dass auch die ‚drohende Gefahr‘, entgegen anderslautender Gerüchte, einen Angriff von erheblicher Intensität oder Auswirkung auf ein bedeutendes Rechtsgut voraussetzt. Auch muss im Einzelfall weiterhin die Verhältnismäßigkeit geprüft und abgewogen sowie hinterfragt werden, ob der Zweck den Grundrechtseingriff rechtfertige. Ein bloßer Verdacht oder eine Vermutung reiche nicht aus, um eine Person überwachen zu können. Auch für die ‚drohende Gefahr‘ im präventiven Bereich müssen die rechtsstaatlichen Prinzipien und die Gewaltenteilung beachtet werden.

    Kontroverse Diskussion in der Rechtswissenschaft

    Problematisch findet Professor Dr. Lindner hingegen die Dauer des Vorbeuge-Gewahrsams, also des vorsorglichen Festhaltens von Gefährdern ohne zeitliche Beschränkung. Eine Beschränkung der Präventivhaft auf – wie bisher 14 Tage – gibt es seit Juli 2017 nicht mehr. Verdächtige können drei Monate festgehalten werden, bis ein Richter prüft, ob die Haft verlängert werden soll. Des Weiteren genügt es, wenn mittelfristig eine drohende Gefahr vorliegt. Eine tatsächliche Straftat muss nicht mehr gegeben sein.
    Insgesamt deutlich kritischer sieht Professor Dr. Prantl die Entwicklung des neuen PAG. Das Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung wendet sich in seinem Artikel vom 14.05.2018 eindeutig gegen die neue Fassung des PAG. Der Rechtswissenschaftler sieht darin unter anderem einen Verstoß gegen das Übermaßverbot. Entgegen der Meinung von Professor Dr. Lindner verstößt das Gesetz nach seiner Aussage gegen die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht vor zwei Jahren in seinem Urteil zum Gesetz über das Bundeskriminalamt gemacht hat. Die Regeln wurden vom Bundesverfassungsgericht ausnahmsweise zur Vorbeugung gegen terroristische Straftaten erlaubt und werden nun vorbeugend gegen die allgemeine Kriminalität eingesetzt.

    Neben dem Begriff der ‚drohenden Gefahr‘ gibt es weitere Änderungen

    Neu ist ebenfalls, dass die Polizei bei ‚drohender Gefahr‘ Pakete und Briefe sicherstellen darf. Kritiker sehen hierin einen nicht gerechtfertigten Grundrechtseingriff in das Postgeheimnis.
    Als Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung sehen Kritiker die Anwendung der ‚erweiterten DNA‘ im präventiven Bereich. Die Methode soll hierbei Aufschluss über die äußeren Merkmale einer Person geben. Des Weiteren ist eine DNA Analyse bereits zu erkennungsdienstlichen Maßnahmen möglich, wenn es darum geht die Identität einer Person festzustellen.

    Unsere Einschätzung

    Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das PAG die Befugnisse der Polizei der Zeit anpasst und in manchen Bereichen auch verschärft hat. Die Meinungen hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit des Gesetzes gehen in Fachkreisen auseinander und werden auch gesellschaftlich noch für Diskussionen sorgen.
    Zum jetzigen Zeitpunkt bleibt abzuwarten, wie es mit dem PAG politisch und gerichtlich weiter geht. SPD, FDP und Bündnis 90/Die Grünen haben bereits angekündigt, Klage gegen das neue Gesetz einzureichen.

    Teilen Sie uns Ihr Anliegen mit

    Nach oben scrollen

    Wir helfen Ihnen gerne weiter!

    Oder nutzen Sie das Kontaktformular:

    Ihre Daten:
    Ihre Mitteilung
    Der Schutz Ihrer Daten ist uns wichtig! Umfassende Informationen hierzu erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.