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​E-Sport als anerkannte Sportart? ​Rechtliche Herausforderungen an den digitalen Wettkampf

Mit der Verabschiedung des Koalitionsvertrages am 14.03.2018 kam es nicht nur zu einer Neuauflage der großen Koalition von CDU/CSU und SPD. Auch schien die deutsche Sportlandschaft um einen Neuzugang reicher: E-Sport. E-Sport nämlich soll nach dem Willen der Koalitionäre als Sportart anerkannt werden. Unter dem Punkt „Besseres Leben durch Fortschritt“ heißt es auf Seite 47 des Koalitionsvertrages:

„Wir erkennen die wachsende Bedeutung der E-Sport-Landschaft in Deutschland an. Da E-Sport wichtige Fähigkeiten schult, die nicht nur in der digitalen Welt von Bedeutung sind, Training und Sportstrukturen erfordert, werden wir E-Sport künftig vollständig als eigene Sportart mit Vereins- und Verbandsrecht anerkennen und bei der Schaffung einer olympischen Perspektive unterstützen.“

Inhaltsverzeichnis
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    Was ist überhaupt E-Sport?

    Der Begriff E-Sport steht als Abkürzung für „elektronischen Sport“ und beschreibt den Wettkampf zwischen Menschen in einem Computer- oder Konsolenspiel.

    Der Inhalt des jeweiligen Spiels muss dabei nicht der eines typischen Sportspiels sein. Vielmehr werden vielfältige Spielgenres von Egoshootern bis hin zu Strategiespielen umfasst. „Sport“ ergibt sich somit nicht aus dem Inhalt des Spieles, sondern aus der professionellen Ausübung selbst.

    Innerhalb des E-Sports gibt es dutzende kompetitiv gespielte Spiele, die sowohl in Individual- als auch in Mannschaftswettkämpfen ausgetragen werden. Es existieren mehrere nationale und internationale Ligen und Turniere. Seit 2017 besteht der eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD).

    Warum ist eine Anerkennung wichtig und wer ist dafür zuständig?

    Bleibt zunächst die Frage, warum eine Anerkennung als Sportart überhaupt wichtig und erstrebenswert ist. Denn von einer Anerkennung unberührt bleibt selbstverständlich das Recht, eine Sportart auszuüben oder sich vereins- oder verbandsmäßig zu organisieren, auch wenn die Sportart nicht anerkannt ist.
    So gibt es Vereine und Weltmeisterschaften für Kirschkernweitspucken, einen eigenen Ligabetrieb für „Würfelstacking“ und der Fernsehsender RTL überträgt inzwischen zur besten Sendezeit Wettkämpfe der neuen Modesportart „Ninja Warrior“. Aber auch vermeintlich etablierten Sportarten bleibt die offizielle Anerkennung als Sportart bisweilen versagt. So ist, für manche durchaus überraschend, das Profi-Boxen in Deutschland keine anerkannte Sportart.
    Das Streben nach einer vollständigen Anerkennung hat primär finanzielle Gründe. Gelder aus den Töpfen der Sportförderung werden nur an vom DOSB (Deutscher Olympischer Sportbund) anerkannte Sportarten ausgeschüttet. Dies gilt sowohl für den Breiten- als auch Spitzensport.
    Entgegen der Ankündigung der Politik also, kann nur der DOSB eine Sportart überhaupt anerkennen.
    Die Kriterien für eine Aufnahme als Sportart in den DOSB sind in §3 und § 4 der Aufnahmeordnung (AODOSB) geregelt.
    Es bestehen demnach sowohl sportliche als auch organisatorische Voraussetzungen an die Bewerber.

    Sportliche Voraussetzungen nach § 3 AODOSB

    Eigenmotorische Aktivität als Selbstzweck (§ 3 Nr. 1 und 2 AODOSB)

    Eine Sportart nach der § 3 Nr.1 AODOSB muss eine „eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität eines jeden zum Ziel haben, der sie betreibt. Diese eigenmotorische Aktivität liegt insbesondere nicht vor bei […] der Bewältigung technischen Gerätes ohne Einbeziehung der Bewegung des Menschen.“

    Nach § 3 Nr.2 AODOSB muss diese eigenmotorische Aktivität gleichzeitig Selbstzweck der Betätigung sein. „Dieser Selbstzweck liegt insbesondere nicht vor bei Arbeits- und Alltagsverrichtungen.“

    Auf den E-Sport bezogen, ist eine eigenmotorische Aktivität in der Kontrolle von Maus und Tastatur oder sonstigen Eingabegeräten zu sehen. Hierbei gilt der Wettkampf jedoch nicht dem technischen Gerät (z.B. Computer) selbst, er dient vielmehr nur als Plattform für den Wettbewerb mit anderen Sportlern.
    Fraglich ist jedoch, ob es bei der eigenmotorischen Aktivität am Selbstzweck fehlt oder, ob es sich nicht lediglich um eine Alltagsverrichtung handelt. Schließlich muss auch bei Büroarbeit eine Maus mit gewisser Präzision geführt werden.
    Dieser Einwand erscheint aber nur vordergründig plausibel. Denn auch das Autofahren ist als Alltagsverrichtung anzusehen. Mit professionellem Motorsport aber hat es freilich nicht viel gemein.
    Demnach sind zusätzliche Gesichtspunkte zu beachten, wie Hand-Augen-Koordination, Reaktionsschnelligkeit, die Geschwindigkeit der ausgeführten Steuerbewegungen, das notwendige Maß an Präzision und damit verbunden der Grad an erforderlicher Konzentration, sowie dem erforderlichen Trainings- und Zeitaufwand, um die für die Ausübung der Sportart erforderlichen motorischen Fähigkeiten zu erlernen oder zu verbessern.
    Nach diesen Gesichtspunkten erfüllt der E-Sport die vom DOSB gesetzten Maßstäbe. Zumal die Anforderungen in der AODOSB auch bewusst vage formuliert sind, um gesellschaftlichen und politischen Veränderungen Rechnung tragen zu können.

    Einhaltung ethischer Werte und Fair-Play (§ 3 Nr. 3 AODOSB)

    Ein großes Hindernis könnte jedoch § 3 Nr. 3 AODOSB darstellen. Er knüpft die Einhaltung ethischer Werte und des Fair-Play-Gedankens an die Anerkennung als Sportart. Ein Verstoß hiergegen liegt insbesondere vor „[…] bei Konkurrenzhandlungen,[…] die eine tatsächliche oder simulierte Körperverletzung bei Einhaltung der gesetzten Regeln beinhalten.“
    Was MMA-Veranstaltungen und dem Profiboxen eine Aufnahme in den DOSB versagte, wird wohl auch einen großen Teil der E-Sportsszene betreffen. Beliebte Disziplinen sind nämlich vor allem Ego-Shooter, also virtuelle Schießspiele, bei denen die Kontrahenten getötet werden müssen, um einen Sieg zu erringen. Wenn schon das in Deutschland durchaus beliebte und hochbezahlte Profiboxen auf Grund teilweise brutaler Kämpfe und daraus resultierender Verletzungen als unethisch eingestuft wird, fällt es schwer zu glauben, der DOSB könnte sich mit Gewehrfeuer, Handgranaten und Kopfschüssen anfreunden.
    Es ist daher davon auszugehen, dass zunächst für die thematisch und inhaltlich unbedenklichen Spiele wie Sportsimulationen eine Aufnahme angestrebt wird.

    Organisatorische Voraussetzungen nach § 4 AODOSB

    Landesverbände in der Hälfte aller Bundesländer & 10.000 Mitglieder (§ 4 Abs. 1 a) und b) AODOSB)

    Nach § 4 Abs. 1 a) und b) AODOSB müssen in mindestens der Hälfte der Bundesländer Landesverbände des Bewerbers bestehen, die 10.000 oder mehr Mitglieder vertreten (Ausnahmen bzgl. der Mitgliederzahl gelten, sofern die Sportart bereits olympisch ist).
    Bisher bestehen weder Landesverbände noch gibt es entsprechende Mitgliederzahlen im Bundesverband. Jedoch kann mit steigender Aufmerksamkeit für das Thema und die Perspektiven im E-Sport davon ausgegangen werden, dass die erforderlichen Zahlen und Organisationsstrukturen schnell erreicht werden können.

    Steuerbegünstigung wegen der Förderung eines gemeinnützigen Zwecks (§ 4 Abs. 1 c) AODOSB)

    Als deutlich problematischer könnte sich das Erfordernis des § 4 Abs. 1 c) AODOSB erweisen. Demnach hat der Bewerber eine Steuerbegünstigung wegen der Förderung des gemeinnützigen Zwecks „Sport“ i.S.v § 52 Abs. 2 Nr. 21 AO nachzuweisen.
    Der Bundesfinanzhof (BFH) wie auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) definieren Sport aber weiterhin äußerst restriktiv. So sei Sport i.S.d § 52 AO „eine körperliche, über das ansonsten übliche Maß hinausgehende Aktivität, die durch äußerlich zu beobachtende Anstrengungen oder durch die einem persönlichen Können zurechenbare Kunstbewegung gekennzeichnet ist“ (BFH, Urteil vom 29.10.1997, I R 13/97).
    Das BVerwG entschied in seinem Urteil vom 09. März 2005, Az. 6 C 11.04, ausdrücklich in Bezug auf Computerspiele: Während Sport „auf die Erhaltung der Gesundheit und Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit“ gerichtet sei, stünden bei Spielen „eher Zeitvertreib, Entspannung und Zerstreuung im Vordergrund“. Insbesondere werde „ein Spiel […] jedenfalls auch dann nicht zum Sport, wenn viele Spiele unter Wettbewerbsbedingungen veranstaltet würden.“

    Demnach sei der E-Sport also ein Spiel und keine Sportart.

    Ein Ausblick

    Es bestehen also noch einige Hürden auf dem Weg zur Aufnahme in den DOSB. Eine schnelle Lösung, entgegen der Ankündigung der Politik, wird es nicht geben. Der Beliebtheit des E-Sports wird das keinen Abbruch tun. Rund 400 Millionen Menschen betreiben oder verfolgen E-Sport, ab 2022 wird E-Sport als offizielle Disziplin in die Asienspiele übernommen und auch deutsche TV-Anstalten übertragen bereits heute regelmäßig Turniere. Der DOSB hat nun eine Arbeitsgruppe E-Sport eingerichtet, die bis Herbst 2018 erste Ergebnisse im Hinblick auf die Aufnahme(-möglichkeit) von E-Sport vorlegen soll.

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