Bewerbungsgespräch

Das Bewerbungsgespräch – welche Fragen sind erlaubt?

Die Bewerbungsunterlagen sind vom zuständigen Personaler positiv aufgenommen worden und der Bewerber wird zum Vorstellungsgespräch geladen. In die Freude über die Chance auf die gewünschte Stelle mischt sich Nervosität. Schließlich ist ein Bewerbungsgespräch eine unangenehme Situation. Was, wenn dann auch noch Fragen zum Familienstand, zu geplanten Schwangerschaften oder Vorstrafen gestellt werden? Müssen solche Fragen (wahrheitsgemäß) beantwortet werden?
Dieser Ratgeber gibt Aufschluss darüber, was ein Arbeitgeber fragen darf und was nicht:

Inhaltsverzeichnis
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    1. Fragen ist nicht verboten, aber …

    So viel vorweg: Es gibt kein Gesetz, das bestimmte Fragen im Vorstellungsgespräch verbietet. Der Personaler kann im Prinzip also fragen, was er will. Stellt er jedoch „unzulässige Fragen“, kann er im Anschluss an das Bewerbungsgespräch wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verklagt werden.

    a) Der Bewerber muss die Wahrheit sagen.

    Grundsätzlich gilt: Ist eine Nachfrage des möglichen zukünftigen Arbeitgebers zulässig, so muss der Bewerber sie wahrheitsgemäß beantworten. Tut er dies nicht, stellt dies einen Grund für eine spätere verhaltensbedingte Kündigung bzw. eine Anfechtung des Arbeitsvertrages wegen arglistiger Täuschung dar (§ 123 BGB).

    b) Nachfragen zur Qualifikation und zu früheren Arbeitgebern immer zulässig.

    Fragen bezüglich der Qualifikation des Bewerbers sind immer zulässig. Inbegriffen sind darin insbesondere auch Fragen zu Schul- und Studienleistungen, zu früheren Arbeitgebern, zur Dauer früherer Beschäftigungen, zu Fremdsprachenkenntnissen, etc.

    2. „Lügerecht“ bei unzulässigen Fragen im Bewerbungsgespräch!

    In einer Grundsatzentscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 15. November 2012, Az. 6 AZR 339/11) wurde Bewerbern grundsätzlich ein „Lügerecht“ bei unzulässigen Fragen des Arbeitgebers zugesprochen. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass Arbeitgeber trotz des Verbotes immer wieder unzulässige Fragen stellen. Zwar kann der Bewerber eine Antwort auch verweigern, doch führt dies in der Praxis meist zu einer Ablehnung des Bewerbers. Daher ist es ihm gestattet, um seine Chance auf die Stelle nicht durch ein Schweigen zu gefährden, auch bewusst wahrheitswidrig zu antworten.

    a) Schwangerschaft

    Die Frage an eine Bewerberin, ob sie schwanger ist, stellt eine Diskriminierung wegen des Geschlechts dar und ist somit unzulässig (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG). Stellt der Arbeitgeber die Frage trotzdem, steht der Betroffenen neben dem Recht eine Antwort zu verweigern auch das „Recht zur Lüge“ zu.
    Eine Ausnahme dieses Grundsatzes besteht, wenn die fragliche Stelle bereits als Schwangerschaftsvertretung ausgeschrieben wurde. Hier muss die Bewerberin wahrheitsgemäß antworten.

    b) Familienstand und sexuelle Orientierung

    Ebenso generell unzulässig sind Fragen nach dem Familienstand oder der sexuellen Orientierung des Bewerbers. Auch hier besteht ein Schweige- bzw. Lügerecht.

    c) Alter

    So sehr es überraschen mag: Auch Nachfragen bezüglich des Alters des Bewerbers sind grundsätzlich unzulässig, da sie eine Diskriminierung aus Altersgründen darstellen (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG).
    Jedoch kann der Arbeitgeber durch Nachfragen zum beruflichen Werdegang Rückschlüsse auf das Alter des Bewerbers ziehen.

    d) Religion und politische Überzeugung

    Auch zu diesen Bereichen sind grundsätzlich keine Fragen erlaubt.
    Ausnahmen bestehen jedoch zum Teil bei konfessionellen Arbeitgebern. Hier waren Fragen zur Konfession des Arbeitnehmers bislang zulässig. Die neueste Rechtsprechung weicht diesen Grundsatz jedoch auf. Nach einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 17. April 2018, Az. C 414/16) steht auch konfessionellen Arbeitgebern nur dann ein Fragerecht bezüglich der Religionszugehörigkeit zu, wenn die zu besetzende Stelle besondere Anforderungen an den Glauben des Bewerbers stellt. Wer also in der Kirchenverwaltung tätig ist, muss demnach nicht christlichen Glaubens sein, da die Verwaltungsarbeit nicht religiös geprägt ist.

    e) Herkunft

    Auch Fragen nach der Herkunft des Bewerbers stellen einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot dar und sind nicht erlaubt (§§ 1, 7 Abs. 1 AGG). Da jedoch Rückfragen, z.B. nach Fremdsprachenkenntnissen zulässig sind, kann der Arbeitgeber gegebenenfalls hieraus entsprechende Rückschlüsse ziehen.

    f) Krankheit

    Grundsätzlich muss der Bewerber keine Auskünfte bezüglich seines Gesundheitszustandes geben. Etwaige Nachfragen sind unzulässig.
    Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Bewerber an einer ansteckenden Krankheit leidet, die Kollegen oder Kunden gefährden könnte, z.B. Hepatitis oder HIV. In diesem Fall hat der Bewerber den Arbeitgeber sogar unaufgefordert aufzuklären (BAG, Urteil vom 7. Februar 1964, Az. 1 AZR 251/63).

    g) Behinderung

    Fragen des Arbeitgebers zu Behinderungen des Bewerbers sind nur im Ausnahmefall zulässig. Nämlich nur dann, wenn aufgrund der speziellen Anforderungen der jeweiligen Stelle Zweifel an der Eignung eines behinderten Bewerbers bestehen.

    h) Vorstrafen

    Mögliche Vorstrafen des Bewerbers dürfen nur dann erfragt werden, sofern sie für die jeweilige Stelle relevant sind. Dies ist der Fall, wenn aufgrund einer vorhandenen Vorstrafe die Eignung des Bewerbers für die jeweilige Stelle zu bezweifeln wäre. So darf z.B. ein Taxifahrer nach möglichen Verkehrsdelikten befragt werden.
    Selbst eine relevante Vorstrafe braucht vom Bewerber aber nicht mehr angegeben werden, wenn sie bereits aus dem Bundeszentralregister getilgt wurde (BAG, Urteil vom 20. März 2014, Az. 2 AZR 1071/12).

    3. Keine Klage auf Einstellung möglich!

    Wie eingangs erwähnt, steht es dem Bewerber offen, bei diskriminierenden Fragen im Bewerbungsgespräch gerichtlich gegen den Arbeitgeber vorzugehen. Hierbei ist jedoch keine Klage auf Einstellung möglich, selbst dann nicht, wenn eine Diskriminierung festgestellt wird (§ 15 Abs. 6 AGG). Der Anspruch richtet sich demnach immer auf Schadenersatz oder Entschädigung.

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